Stunde der Wahrheit

Peter Steiniger zu Großbritanniens selbst verschuldeter Notlage

  • Peter Steiniger
  • Lesedauer: 2 Min.

Die meisten Briten fürchten sich mittlerweile vor leeren Regalen, steigenden Preisen, stillstehenden Rädern und dem Abwandern von Jobs, wenn der Brexit ab Neujahr gelebte Wirklichkeit wird. Einen Vorgeschmack erhalten sie bereits, kaum sind die Verkehrsadern zum Kontinent nur kurz unterbrochen. Die Sorgen, die die leichter übertragbare neue Virusmutation bereitet, gibt es obendrauf.

Boris Johnson hatte seinen Landsleuten ein Husarenstück mit Happy End versprochen. Doch die EU ist ein Brocken, den der regierungsunfähige frühere Eton-Schüler und seine Boy Group inkompetenter Ideologen nicht über den Tisch gezogen bekommt. Angesichts des Wiedererstarkens der schottischen Unabhängigkeitsbestrebungen zerrinnt der Traum von einem »neuen Empire«. Dabei bleiben Briten und EU aufeinander angewiesen und vieles lässt sich auch bilateral regeln. Don’t worry: Die Big Player sind auf einen No Deal vorbereitet.

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Die Zeche zahlen andere. Für Hunderttausende britische Familien ist die Notlage angesichts der Lockdowns bereits akut. Das UN-Hilfswerk Unicef sah sich jetzt genötigt, angesichts von Kinderarmut in dem führenden westlichen Industrieland mit Essenspenden für Schüler humanitäre Hilfe zu leisten. Weder Corona noch Brexit haben diese Zustände verursacht, die aktuellen Skandale legen die soziale Krise nur deutlicher als zuvor offen. Seit dem Thatcherismus dominiert eine Politik, die den Reichen die Steuern streicht und den Armen die Daseinsvorsorge. Als Sündenbock haben Johnson und die Brexiteers ausgerechnet die selbst neoliberalen Dogmen folgende EU präsentiert. Dass ihnen auch viele Verlierer des Wandels auf den Leim gingen, ist nicht nur ein Erfolg schamloser Propaganda. Eine zahme Labour Party trug dazu bei. Doch jetzt gehen Johnson die Ausreden aus.

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