Werbung

Was wir über den Bomber von Nashville wissen

Anthony W. lebte als Einzelgänger und könnte an 5G-Verschwörungstheorien geglaubt haben

  • Joseph Keady
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Selbstmordbomber von Nashville könnte ein 5G-Verschwörungstheoretiker gewesen sein. Obwohl bekannt ist, dass Anthony W. so gut wie nie Politik oder Religion besprochen hat, vernimmt der Inlandsgeheimdienst das Federal Bureau of Investigation (FBI) derzeit mehreren Bekannte des Täters zur Rolle von 5G-Verschwörungstheorien.

W. hatte sein Wohnmobil direkt vor einer Regionaleinrichtung des Telefonkonzerns AT&T in der Innenstadt von Nashville abgestellt. Die Explosion gegen 06:30 Uhr am Weihnachtstag verursachte tatsächlich landesweit Netzausfälle, aber vor allem im Mittel-Tennessee. Außerdem hatte Nashvilles Bürgermeister John Cooper am Sonntag gesagt, es müsse einen Zusammenhang zwischen dem Bombenanschlag und der Telefonanlage geben. Nichtsdestotrotz haben sich die Ermittler_Innen bisher geweigert, irgendeinen öffentlichen Kommentar bezüglich der Beweggründe des Täters abzugeben.

Inzwischen sind etliche Details bekannt geworden, die einen Einblick in der Persönlichkeit des Bombers gewähren, aber bisher noch keine Erklärung seines Beweggrunds bieten. Am 27. Dezember hatten Ermittler_Innen aufgrund DNA-Tests bestätigt, dass W. der Eigentümer des Wohnmobils war, im Moment der Sprengung im Fahrzeug war und dadurch getötet wurde. Das FBI hat W. zudem als Einzeltäter benannt.

Inzwischen sind weitere Einzelheiten aus den letzten Tagen des 63-Jährigen aufgetaucht. Kurz vor Weihnachten verschenkte er sein Auto und Haus an eine Freundin. W. habe ihr gesagt, dass er an Krebs erkrankt sei - ob dies stimmt, ist bisher nicht bestätigt. Ein Nachbar des offenbar einzelgängerisch lebenden Mannes, der im IT-Bereich arbeitete, hatte weniger als eine Woche vor der Tat mit W. gesprochen.

Als W. am 21. Dezember an seinem Briefkasten stand, hielt Rick Laude sein Auto an, um mit ihm zu sprechen. Er habe W. gefragt, ob der Weihnachtsmann ihm etwas Gutes zu Weihnachten bringe. W. habe geantwortet: »Nashville und die Welt werden mich niemals vergessen.« Laude hatte eine etwas unverfänglichere Antwort erwartet, sagt aber: »Nichts an ihm war auffällig«.

In der rechten QAnon-Verschwörungstheorieszene wiederum wird W. als zu Unrecht beschuldigter Mann verteidigt. Der prominente Trump-Unterstützer Lin Wood etwa erklärte auf Twitter, sowohl der rechte Jugendliche Kyle Rittenhouse, der im August im US-Bundesstaat Wisconsin drei Black-Lives-Matter-Demonstranten erschossen hatte, als auch W. würden in Orten mit den Namen Antioch leben und seien wie der Heilige Lukas von Antioch fälschlich angeklagt worden.

US-Präsident Donald Trump wiederum - der in der Vergangenheit durchaus wortgewaltig nach Angriffen oder Attentaten reagierte - hat sich bisher nicht zum Bombenangriff von Nashville geäußert. Kritiker sagen, der Grund sei, dass es sich bei W. er um einen weißen Täter handelt.

In den sozialen Medien gab es auch Forderungen, bei der Berichterstattung über die Explosion in Nashville das Wort Terror zu verwenden. Hintergrund ist, dass eine Mehrheit terroristischer Angriffe in den USA in den letzten Jahren nicht von Islamisten, sondern von rechten »weißen« Tätern verübt wurde und die Medienberichterstattung dabei nur zögerlich das Wort »Terror« verwendete. Das US-Heimatschutzministerium hatte dieses Jahr in einem Bericht sogenannten »home grown« Terrorismus als größte Bedrohung für die USA eingestuft.

Es bleibt dennoch die Möglichkeit, dass die Gründe des Ereignisses nie eindeutig geklärt werden. Laut dem Ermittler David Rausch vom Tennessee Bureau of Investigation könnte es sein das »wir niemals die wirkliche Begründung finden.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.