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Bagger verschonen Proschim
Lausitzer Energie AG verzichtet auf den Braunkohletagebau Welzow-Süd II
Proschim, das dem Tagebau Welzow-Süd II weichen sollte und dessen Zukunft viele Jahre ungewiss war, soll nun doch nicht abgebaggert werden. Das steht seit Donnerstag fest. Die Lausitzer Energie AG (LEAG) änderte ihr Revierkonzept.
Infolge des bis zum Jahr 2038 geplanten Kohleausstiegs haben sich die alten Pläne des Energiekonzerns eigentlich schon lange überlebt. Die LEAG wurde gebildet, nachdem die tschechische Energie- und Industrieholding EPH und deren Finanzpartner PPF Investments die Braunkohlekraftwerke und Tagebaue in der Lausitz dem schwedischen Energieriesen Vattenfall abgekauft hatten. Bereits damals zeichnete sich ab, dass es mit der Kohleverstromung in Deutschland nicht mehr ewig so weitergeht. Die Kraftwerke werden in den Jahren bis 2038 nicht mehr so viel Kohle benötigen, wie im alten Revierkonzept aus dem Jahr 2017 festgehalten. »In der Konsequenz muss das Unternehmen seine Revierplanung anpassen und sowohl in Brandenburg als auch in Sachsen die ursprünglich geplante Produktion seiner Tagebaue entsprechend reduzieren«, teilte die LEAG am Donnerstag mit.
In der brandenburgischen Niederlausitz sei davon der Tagebau Welzow-Süd betroffen. Er werde, anders als ursprünglich vorgesehen, nicht um den Teilabschnitt Welzow-Süd II erweitert. Die mehr als 200 Millionen Tonnen Braunkohle, die dort lagern, bleiben in der Erde. Das heißt auch: Das Dorf Proschim wird nicht abgebaggert, die Bewohner werden nicht umgesiedelt. Damit trägt die LEAG nach eigenen Angaben auch dem Koalitionsvertrag der rot-schwarz-grünen Landesregierung von 2019 Rechnung.
In der sächsischen Oberlausitz, heißt es weiter, wird der Umfang des Tagebaus Reichwalde reduziert. Hier werde deswegen der Bereich der Kommandantur des Truppenübungsplatzes der Bundeswehr in Haide nicht mehr benötigt. Das Teilfeld Mühlrose des sächsischen Tagebaus Nochten will die LEAG indes nach wie vor in Anspruch nehmen, um das Kraftwerk Boxberg mit Kohle zu versorgen. Die bereits laufende Umsiedlung der Ortschaft Mühlrose soll fortgesetzt werden.
»Endlich Sicherheit«, reagierte der brandenburgische Landtagsabgeordnete Thomas Domres (Linke) auf die Nachrichten. Proschim - niedersorbisch Prošym - werde nicht der Braunkohle geopfert. »Endlich haben die Bürgerinnen und Bürger von Proschim Sicherheit. Sie müssen ihre Heimat nicht aufgeben«, sagte Domres.
Die Meinung der Bevölkerung in dieser Frage war in der Vergangenheit gespalten. Es gab durchaus Einwohner, die in der Braunkohleindustrie beschäftigt und deshalb bereit waren, gegen die übliche ordentliche Entschädigung freiwillig umzusiedeln.
Auch die Linke war in dieser Frage gespalten. Mehrheitlich hatte die Partei aber in den Jahren 2007 und 2008 das mit verschiedenen Umweltorganisationen gestartete Volksbegehren »Keine neuen Tagebaue« finanziell und ideell unterstützt und maßgeblich vorangetrieben - wobei die notwendige Zahl von 80 000 Unterschriften mit nur 24 501 gültigen weit verfehlt wurde. Der damalige Parteivorsitzende Thomas Nord bedauerte dies später in einer Bilanz mit den Worten: »Das ging in die Hose.«
Nach der Landtagswahl 2009 ließ sich die Linke auf eine Koalition mit der SPD ein und akzeptierte dabei den geplanten Tagebau Welzow-Süd II. Das sorgte für einen massiven Vertrauensverlust. Die anfänglich zur Rechtfertigung versuchte Wortklauberei, es sei kein neuer Tagebau, sondern nur die Fortführung eines bestehenden, ließ die Linksfraktion alsbald sein. Thomas Domres, der damals schon Landtagsabgeordneter war, gestand realistisch ein: »Die Leute sehen diesen Unterschied nicht.«
Im Juni 2014 ebnete das rot-rote Kabinett den Weg für den Tagebau Welzow-Süd II. Umweltministerin Anita Tack (Linke) stimmte gegen die eigene Überzeugung zu und bezeichnete das später als den größten Fehler ihrer langen politischen Karriere. Bei der Landtagswahl drei Monate später sackte die Linke von 27,2 auf 18,6 Prozent, wofür es allerdings viele Gründe gab. Tack ist heute froh, dass Proschim nicht verschwindet.
Die LEAG vollziehe jetzt nach, was im Koalitionsvertrag verabredet sei und woran mit der Änderung des Braunkohlenplans bereits gearbeitet werde, erklärte der Landtagsabgeordnete Clemens Rostock (Grüne). Noch vor wenigen Jahren habe die LEAG die Tagebaue Jänschwalde-Nord und Welzow-Süd II gewollt und dabei stets auf die Unterstützung von Rot-Rot zählen können. »Mit dem neuen Revierkonzept wird nun deutlich, dass in Brandenburg niemand mehr daran arbeitet, neue Tagebaue zu öffnen«, so Rostock. Nicht nachvollziehbar sei, warum in Sachsen noch der Ort Mühlrose abgebaggert werden soll.
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