- Politik
- Armin Laschet
Das Merkel-Imitat
Mit Armin Laschet als neuem CDU-Chef haben sowohl die Grünen als auch die SPD Schwierigkeiten
Die SPD driftet im Bundestag in der Aktuellen Stunde mit dem Fragenkatalog zur Impfstrategie der Regierung in den Wahlkampf ab, und die CDU hat am Wochenende ihren Vorsitzenden gewählt. Die Bundestagswahl im September rückt merklich näher. Entsprechend werden die möglichen Koalitionen im Deutschland-Trend der ARD mit wachsender Spannung ausgelotet. Mit 19 Prozentpunkten stehen in der kürzlich erhobenen Forsa-Umfrage die Grünen vor der SPD und bieten eine mögliche Lösung für die Koalitionsprobleme der CDU. Denn eine weitere Große Koalition scheint nicht mehr erfolgsträchtig, so hieß es bereits vor der letzten Bundestagswahl 2017 aus den Reihen der SPD. Mit dem flexiblen Armin Laschet könnten aus Sicht der CDU beide Koalitionen möglich sein.
Hilde Mattheis, Bundestagsabgeordnete der SPD, ist schon länger scharfe Kritikerin des schwarz-roten Bündnisses. Mit Armin Laschet stehe die CDU nun für eine Weiterführung der Politik Merkels: Er habe betont, dass er an eine Fortsetzung ihrer Politik mit einzelnen Nuancen denke, erklärte Mattheis gegenüber dem »nd«. »Aber ein Weiter-so in der Großen Koalition« ist laut der SPD-Politikerin keine Option, egal ob mit Laschet oder Merkel. Insbesondere nach der Führungsentscheidung der CDU könne die SPD nun ihr Profil wieder schärfen und eine Alternative darstellen, da »Laschet nicht dafür bekannt ist, soziale Politik zu machen«.
Ihr Parteikollege, Aziz Bozkurt, Mitglied des Berliner Landesvorstands, sieht die Wahl Laschets um einiges kritischer. Beide Kandidaten der Stichwahl um den CDU-Vorsitz, also Merz und der NRW-Regierungschef Laschet, seien vorbelastet, sagte Bozkurt gegenüber dem »nd«. Insbesondere Laschet imitiere Merkel und versuche dabei, »sein Image zu polieren«. »Das sei, als wenn man im Schlamm sitzt und sich immer tiefer hinein buddelt.« Auch in den Umfragewerten zu den Coronamaßnahmen in NRW zeige sich dies. Um sich daraus zu befreien, müsse Laschet »einen Wandel vollziehen«. Das vermisst Bozkurt aber bei dem neuen CDU-Vorsitzenden, was sich negativ auf die Inhalte seiner Politik auswirke. Beide SPD-Politiker*innen sind sich aber in einem einig: Die CDU vom rechten Rand abzugrenzen, sei enorm wichtig, und mit Armin Laschet als neuen CDU-Vorsitzenden sei dies deutlicher erfolgt als mit Friedrich Merz.
In seinen Reden hat Armin Laschet in der Vergangenheit immer wieder versucht, eine feministische Forderung mit aufzunehmen. Die Frauenquote beziehungsweise sogar eine paritätische Besetzung verschiedener Ämter und Ausschüsse sei wichtig für eine vielfältigere CDU. Bis ins Parlament hinein möchte er die CDU weiblicher machen. Bozkurts Meinung nach sei allein die Wahl eines CDU-Vorsitzenden mit drei männlichen Kandidaten schon ein Schritt zurück: Neben einer scheidenden Kanzlerin habe die Partei mittlerweile keine weibliche Vorsitzende mehr.
-
/ Max ZeisingLetzte Rettung MerzWarum die hohe Zustimmung für Friedrich Merz auf dem CDU-Parteitag kein Signal von Geschlossenheit ist
-
/ Max Zeising»... dann können wir nur noch zusehen«Heinrich Strößenreuther von der Klimaunion fordert von Friedrich Merz eine klimapolitische Erneuerung
-
/ Sebastian WeiermannLaschet siegt gegen MerzNRW-Ministerpräsident bekommt auf digitalem Parteitag 521 Stimmen - 55 mehr als sein Konkurrent Friedrich Merz
Der Verweis Laschets auf seine Regierungskompetenzen in Nordrhein-Westfalen decke laut Schäfer jedoch insbesondere seine fragwürdigen Entscheidungen in der Klimapolitik auf. Er rücke die kurzfristigen Interessen großer Energiekonzerne in den Vordergrund, kritisierte sie. »Laschet hat keinen Fokus auf den Klimaschutz gelegt, und das bereitet mir Sorgen, weil bei dem Thema keine Zeit mehr zu verlieren ist.«
In Bezug auf die anstehende Bundestagswahl sei für sie zuerst einmal klar, dass die Grünen keinen Wahlkampf für bestimmte Koalitionen, sondern für gesellschaftlich relevante Themen machen würden. Inwiefern diese in Zusammenarbeit mit der CDU gestaltet werden könnten, ließ die stellvertretende Grünen-Vorsitzende offen.
Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Sven Lehmann gibt sich gegenüber dem »nd« deutlich kämpferischer als Schäfer. Er hält es zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nicht für ausgemacht, dass die Union eine mögliche schwarz-grüne Koalition führen wird. Ziel seiner Partei sei es aber zuallererst, diese »kraftlose« Koalition zu beenden.
Laschet selbst verwies in der zweiten Vorstellungsrunde zur Vorsitzendenwahl darauf, keinen Wahlkampf mit Aussicht auf eine schwarz-grüne Koalition machen zu wollen. Die knappe Entscheidung zwischen Merz und dem Ministerpräsidenten Laschet zeigt deutlich, wie gespalten die CDU ist. Ob Laschet als Kanzlerkandidat geeignet ist, diese Gräben zu schließen, wird sich zeigen. Und wie sich SPD und Grüne gegenüber der Union abgrenzen, das bleibt bis zur Nominierung des Spitzenkandidaten von CDU/CSU abzuwarten.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.