• Politik
  • 10 Jahre Arabischer Frühling

Hunderte Festnahmen bei Protesten in Tunesien

Auch Armee wurde zu Einsätzen in mindestens vier Städten des Landes gerufen

  • Lesedauer: 2 Min.

Tunis. Nach Protesten und gewaltsamen Unruhen in Tunesien haben Sicherheitskräfte dort in vergangenen Tagen mehr als 630 Menschen festgenommen. Gruppen aus 20 bis 30 Jugendlichen und Minderjährigen seien trotz einer nächtlichen Corona-Ausgangssperre auf die Straße gegangen, sagte Chalid Hajuni, Sprecher des Innenministeriums. »Das Gewaltniveau war hoch.« Hajuni warf den Gruppen »kriminelle Handlungen und Plünderungen« vor, zudem seien Sicherheitskräfte schwer verletzt worden. Die Armee wurde zu Einsätzen in mindestens vier Städten des Landes gerufen.

Die seit Freitag laufenden Proteste fallen auf den zehnten Jahrestag der Flucht des Langzeitherrschers Zine El Abidine Ben Ali am 14. Januar 2011, der mehr als 20 Jahre lang an der Macht war. Tunesien ist als einzigem Land, das von Aufständen in der arabischen Welt erfasst wurde, der schrittweise Übergang zur Demokratie gelungen. Korruption und die schlechte Wirtschaftslage - verstärkt durch die Pandemie - plagen das Land aber weiterhin. Das Misstrauen gegen die herrschende Elite und die etablierten politischen Parteien ist groß.

Teller und Rand - der Podcast zu internationaler Politik

Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.

In Tunis setzten Sicherheitskräfte nach Augenzeugenberichten am Sonntagabend Tränengas ein, um Demonstranten auseinanderzutreiben. Auf Videos in sozialen Netzwerken war zu sehen, wie Demonstranten Straßen blockieren und Reifen in Brand setzen. Sie zogen mehrere Tage in Folge auf die Straße, obwohl von Donnerstag bis zu diesem Montag landesweit eine nächtliche Ausgangssperre von 16 Uhr bis 6 Uhr des folgenden Tages galt.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International forderte die Sicherheitskräfte in Tunesien auf, keine unnötige und übermäßige Gewalt anzuwenden. Der Einsatz von Gewalt sei nur angemessen »wo unbedingt notwendig und gerechtfertigt«, teilte Amnesty mit. »Jeder Mensch hat in Gewahrsam das Recht, nicht schlecht behandelt oder gefoltert zu werden, seine Familie und einen Anwalt zu kontaktieren sowie ein Recht auf ärztliche Versorgung.« dpa/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!