Klub der guten Hoffnung

Hertha BSC trennt sich von Manager Michael Preetz und Trainer Bruno Labbadia

  • Noah Kohn
  • Lesedauer: 4 Min.

Wer sich regelmäßig bei den Spielen von Hertha BSC im Olympiastadion eine Brezel kauft, ist im Nachhinein oft enttäuscht. Zwar ist die West-Berliner Brezel um einiges größer als die handelsübliche Variante, jedoch kommt sie meist fad, trocken und lauwarm daher. Und auch die vor einigen Jahren eingeführte Brezel mit Schokoüberzug peppt das Laugengebäckerlebnis in der Halbzeitpause auf den Rängen nicht wirklich auf. Nun wurden diesen Samstagabend im Spiel gegen Bremen keine Brezeln verkauft, es waren ja keine Fans im Stadion. Dafür kompensierte der spielerische Auftritt der Herthaner (1:2 zur Pause, 1:4 Endstand) bei den Fans die gewohnte Enttäuschung beim Genuss des Spiels zuhause vor den Fernsehern - wie so oft in den vergangenen Jahren.

Damit soll nun Schluss sein: Hertha BSC hat auf die Ergebniskrise der letzten Wochen reagiert und sich von Trainer Bruno Labbadia getrennt. Manager Michael Preetz muss gleich mitgehen, wie der Verein am Sonntag bekannt gab. Platz 14 in der Tabelle, nur 17 Punkte nach 18 Spielen, 1:4 gegen den Tabellennachbarn aus Bremen - zu wenig für den Anspruch der Berliner, die mit Groß-Investor Lars Windhorst aufs internationale Parkett des Fußballs wollen.

Für Trainer Labbadia dauerte das Abenteuer Hertha BSC gerade einmal neun Monate, bei einem Punkteschnitt von 1,07 Punkten pro Partie ging seine Spielidee mit Hertha BSC nie richtig auf. Mit Preetz’ Abgang hingegen geht eine Ära zu Ende. »Hertha BSC hat Michael Preetz viel zu verdanken. Er ist seit fast 25 Jahren eng mit unserem Verein verbunden, zunächst als Spieler und nunmehr seit fast zwölf Jahren auf der Position des Verantwortlichen im sportlichen Bereich. Michael Preetz hat den Verein in diesen Jahren sportlich in der Bundesliga etabliert«, bedankte sich Klubpräsident Werner Gegenbauer auf der vereinseigenen Homepage beim entlassenen Manager, wendete jedoch ein: »Mit Blick auf die Entwicklung in der vergangenen wie der aktuellen Spielzeit sind wir aber zu dem Entschluss gekommen, diese Position neu zu besetzen.«

Dass Gegenbauer sich gegen Preetz entscheidet, kommt durchaus überraschend, stand der Präsident bisher doch meist hinter dem 53-Jährigen wie zum Beispiel im Machtkampf mit Jürgen Klinsmann oder beim Rausschmiss von Markus Babbel. Allerdings konnte Preetz in den vergangenen Jahren kaum Argumente sammeln: Die Hertha beendete die letzten beiden Spielzeiten auf den Plätzen zehn und elf und bleibt somit trotz der vielen Windhorst-Millionen weit entfernt davon, beständig an der erweiterten Tabellenspitze mitzumischen. Elf Trainer in der zwölfjährigen Amtszeit von Preetz und teure, aber nicht fruchtende Transfers zeugen nicht von einer klaren sportlichen Strategie des Managers und Rekordtorjägers von Hertha BSC. Nach dem Heimniederlagen-Doppelpack gegen Hoffenheim (0:3) und Bremen suchte Preetz nun vergeblich nach einer Rechtfertigung: »Du hast keine Argumente nach solchen zwei Spielen«, sagte er direkt nach dem Abpfiff. Die fand nun auch das Präsidium um Gegenbauer nicht mehr.

Investor Windhorst, der bisher 224 Millionen Euro in das Projekt »Big City Club« investiert hat und 49,9 Prozent der Anteile an Herthas Kommanditgesellschaft hält, kann mit der bisherigen Entwicklung nicht zufrieden sein. Einen direkten Einfluss Windhorsts auf die Entscheidung gegen Preetz und Trainer Labbaddia bestreitet der Verein jedoch. »Der Verein agiert vollkommen selbstständig«, versicherte Klub-CEO Carsten Schmidt. »Wir wollen einen Neuanfang«, so der ehemalige Sky-Chef, der seit Dezember der Geschäftsführung der Berliner vorsitzt.

Wie der Neubeginn aussehen soll, ist zumindest zum Teil geklärt. Die Aufgaben von Preetz übernimmt bis zum Saisonende Sportdirektor Arne Friedrich, die Trainerfrage will die Hertha am Montag klären. Ex-Coach Pal Dardai sei ein Kandidat, wie Geschäftsführer Schmidt am Sonntag bestätigte. Mit dem neuen Trainer solle auch besprochen werden, ob man in der letzten Woche der Wintertransferperiode noch mal aktiv werde.

Schmidt, erst seit 55 Tagen im Amt bei der Hertha, scheint es ernst zu meinen mit dem Neustart. Bleibt abzuwarten, welche Strategie man von nun an im Olympiastadion verfolgt. Will man oben in der Liga mitspielen, reicht es nicht, die Mannschaft oberflächlich umzugestalten wie die trockenen Brezeln mit ihrem neuen Schokogewand. Ein neues Rezept muss her. Die Chance dafür ist da.

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