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Eine Weltmeisterschaft, zwei Sieger
Dänemarks Handballer verteidigen ihren Titel, Gastgeber Ägypten erfährt viel Lob
Die Absolution kam von oberster Stelle. Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, sprach ein Lob aus. »Wir werden von dieser Erfahrung profitieren, insbesondere bei den bevorstehenden Olympischen Spielen«, sagte der mächtigste Funktionär in der Sportwelt. Vor dem Start der Handball-Weltmeisterschaft war von vielen Kommentatoren - besonders von denen aus Deutschland - ein Chaos vorhergesagt worden. Inmitten einer weltweit wütenden Pandemie hatte sich der Weltverband (IHF) entschlossen, die WM durchzuführen. Dem Ausrichter Ägypten war anschließend nicht zugetraut worden, das Turnier im Schatten der Pyramiden ohne coronabedingte Zwischenfälle ausrichten zu können. Entsprechend war der Stolz der Nordafrikaner nach dem finalen Match der WM spürbar und verständlich. Bis zum 26:24-Sieg des alten und neuen Weltmeisters Dänemark im Endspiel gegen Schweden hatte die »WM-Bubble« gehalten, innerhalb der Blase waren während der knapp drei Wochen keine Coronafälle aufgetreten.
»Wir haben es geschafft«, sagte IHF-Präsident Hassan Moustafa bei der Schlussfeier der 27. Welttitelkämpfe in der Arena in Kairo. Für den Ägypter war die WM von besonderer Bedeutung, denn das Turnier in seiner Heimat sollte die eigene Amtszeit krönen. Das gelang unter dem Strich, wenngleich die ursprüngliche Idee, die Begeisterung im Land für Handball zu zeigen, wegen des Covid-19-Erregers nicht mehr umsetzbar war. Mit immensem Aufwand stellten die Ägypter aber unter Beweis, dass sie trotz erschwerter Bedingungen eine Großveranstaltung im Sport organisieren können.
Der Ausrichter ist also ein zentraler Gewinner der Weltmeisterschaft, der sportliche Sieger war keine Überraschung. »Wir haben Kraftreserven gefunden, an die wir nicht mehr geglaubt haben«, sagte Niklas Landin nach dem Triumph am Sonntagabend. Der Kapitän der Dänen gab sich nach dem Sieg als Teamplayer - dabei hatte er maßgeblich für die Titelverteidigung gesorgt. Der Torhüter des THW Kiel war der herausragende Akteur in einem hochklassigen Endspiel und sorgte mit seinen Paraden dafür, dass die Dänen den Überraschungsfinalisten aus Schweden im Zaum halten konnten.
Ab der 40. Minute steigerte sich Landin immer mehr. Insgesamt wehrte der Torwart in der zweiten Halbzeit zehn von 19 schwedischen Würfen ab und sorgte dafür, dass die Dänen aus einem 18:19 in 41. Minute eine 23:20-Führung machten (49.). In den letzten 14 Minuten entnervte Landin die Schweden mit sieben Paraden - pure Weltklasse. In einem hochklassigen Endspiel reichte der daraus resultierende Drei-Tore-Vorsprung zum zweiten Titel nach dem Erfolg bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land vor zwei Jahren. »Niklas ist der beste Torwart der Welt«, sagte Mikkel Hansen. Der Superstar von Paris St. Germain, der schon drei Mal zum Welthandballer gekürt wurde, war mit sieben Treffern der beste Torschütze der Partie. Er wurde später dann auch zum wertvollsten Spieler des Turniers gekürt - aber der geniale Rückraumspieler war sich bewusst, dass Landin mit seiner Leistung dafür gesorgt hatte, dass die Dänen ihren WM-Titel verteidigen konnten. Der Mann, der in den vergangenen Jahren von einem Torhüter mit herausragenden Fähigkeiten zum besten Keeper seiner Zeit wurde, verhinderte damit auch das Märchen für die Schweden, die mit erfrischendem Tempohandball bis ins Finale gestürmt waren.
Landins außergewöhnliches Talent war schon früh sichtbar geworden. Vor neun Jahren wechselte er in die Bundesliga zu den Rhein-Neckar Löwen. Auffällig war schon damals die seltene Kombination von Körperlänge - Landin misst 201 Zentimeter - und starken Reflexen. Aber es dauerte ein paar Jahre, bis der Torwart, der 2015 zum THW Kiel gewechselt war, gelernt hatte, seine Fähigkeiten in den wichtigen Phasen einer Partie abzurufen.
Seit jeher gilt im Spitzenhandball die Regel, dass die besten Torhüter nicht zwingend die meisten Bälle halten, sondern die wichtigen. Inzwischen umweht den 32-Jährigen eine Aura, die den Schützen des Gegners Respekt einflößt. Ende Dezember sorgte er mit spektakulären Paraden im Finale der Champions League gegen den FC Barcelona für den Kieler Erfolg in der europäischen Königsklasse, jetzt entschied er das WM-Endspiel. »Der Sieg bedeutet mir unglaublich viel«, erklärte Landin, ehe er den WM-Pokal als Kapitän und Anführer seiner Mannschaft entgegennahm.
Dänemark ist der verdiente und folgerichtige Weltmeister, denn das Team von Trainer Nikolaj Jacobsen gewann alle neun WM-Partien. Im verrücktesten Spiel dieses Turniers hatte es aber auch das Glück auf seiner Seite. Im Viertelfinale gegen Gastgeber Ägypten standen die Dänen kurz vor dem Aus, retteten sich in der zweiten Verlängerung ins Siebenmeterwerfen, das sie dann mit 39:38 gewannen. »Ich bin in diesem Match zwei Jahre älter geworden«, sagte Jacobsen anschließend. Auf seinen Kapitän war zuvor Verlass gewesen. Bei der dramatischen Siebenmeterentscheidung hatte Niklas Landin zwei Würfe abgewehrt und seine Mannschaft ins Halbfinale bugsiert.
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