Den stillen Tod der Kieze stoppen

Marie Frank fordert eine sofortige Änderung des Gewerbemietrechts

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 2 Min.

Nach der Pandemie wird nichts mehr so sein wie zuvor. Viele Gewerbetreibende sind durch den Lockdown in große Not geraten und werden die Krise wirtschaftlich nicht überstehen. Dem Einzelhandel macht die Online-Konkurrenz, die sich in der Coronakrise noch verschärft hat, zusätzlich zu schaffen. So manches Bekleidungs- oder Schreibwarengeschäft wird über kurz oder lang aus den Straßen verschwinden und - wenn überhaupt - sein Geschäft ins Internet verlegen.

Den Gewerbetreiber*innen ging es jedoch auch schon lange vor der Corona-Pandemie an den Kragen. Exorbitant steigende Mieten und extrem schwacher Kündigungsschutz haben in der Hauptstadt vielerorts zu einer Verödung einstmals lebendiger Kieze geführt. Denn mag sich Shopping auch ins Internet verlegen lassen, Kitas, Kneipen, Therapie- und Kultureinrichtungen sind weiterhin auf ihre Räumlichkeiten in den Wohnvierteln und direkte menschliche Kontakte angewiesen. Sie machen zu großen Teilen die Lebensqualität von Quartieren aus - wer will schon in einer Gegend wohnen, in der es keinen Späti, kein Kino und keine Ärzt*innen gibt?

Die Gier von Vermieter*innen und Investor*innen nach immer mehr Rendite macht diese unerlässliche Infrastruktur jedoch seit Jahren kaputt. Dabei lassen sich Mietsteigerungen um 100 Prozent auch im Kapitalismus mit nichts rechtfertigen, oder zählt das Credo der Leistungsgesellschaft plötzlich nicht mehr? Wer gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen ist, dürfte die leistungslosen Einnahmen von Vermieter*innen eigentlich auch nicht gutheißen - vor allem wenn diese die Existenzen hart arbeitender Mittelständler*innen bedrohen. Zumal viele Immobilieneigentümer mittlerweile jedes Maß verloren haben. Große Handelsketten mögen sich die Rekordsummen pro Quadratmeter in der Hauptstadt noch leisten können, das Kleingewerbe ist hier jedoch auf Schutzmechanismen angewiesen. Es wird höchste Zeit, dass hier rechtliche Regelungen für einen wirksamen Gewerbemieter*innenschutz auf den Tisch kommen, um den stillen Tod der Kieze endlich zu stoppen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.