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Geisel will mehr
Der Innensenator empfiehlt sich mit seiner Art bei der IHK für neue Aufgaben
Was passiert eigentlich, wenn mit der SPD-Spitzenkandidatur von Franziska Giffey doch noch was schief geht? Beispielsweise weil die Freie Universität der Bundesfamilienministerin und Spitzenkandidatin, die gerne nach der Abgeordnetenhauswahl Regierende Bürgermeisterin von Berlin werden möchte, nach der derzeit laufenden Prüfung durch die Freie Universität doch noch ihre Doktorwürde aberkennt. Dann bräuchten die Sozialdemokraten möglicherweise einen Plan B. Natürlich werden solche Planspiele nicht offen kommentiert, und beim letzten Parteitag betonte Giffey auch: »Ihr könnt euch auf mich verlassen, egal was passiert, egal was Leute sagen und meinen.«
Für den Fall der Fälle empfiehlt sich aber theoretisch immer wieder ein Sozialdemokrat, der inzwischen, wie »nd« aus Parteikreisen versichert wird, zu einem loyalen Gefolgsmann der SPD-Führung um Franziska Giffey und Raed Saleh avanciert ist: Andreas Geisel. Der aktuelle SPD-Innensenator könnte das einzige derzeitige Regierungsmitglied sein, das nach der Wahl im Herbst weiter einen Senatsposten bekleidet - die SPD-Senatorinnen für Gesundheit und Bildung haben bereits angekündigt, nicht mehr weitermachen zu wollen. Der Finanzsenator gilt anders als Geisel nicht zum engeren neuen Führungskreis zugehörig. In der Berliner SPD hat der Politiker aus Lichtenberg in den vergangenen Jahren bereits eine rasante Karriere hingelegt, vom Bezirksstadtrat, über das Amt des Lichtenberger Bezirksbürgermeisters, das Stadtentwicklungsressort hin zum Innensenator. Ein in Mitte-links-Bündnissen nicht unbedingt beliebtes Amt, mit dem man schnell viel verlieren und nur wenig politisch gewinnen kann. Geisel hat diese »Bürde«, die ihm seine Partei nach der Wahl 2016 angeboten hat, übernommen.
»Ich bin sehr gerne Innensenator«, erklärte Geisel am Donnerstagmorgen bei einer digitalen Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer (IHK) mit dem Thema »Corona - Stresstest für unsere Demokratie«. Sein Herz hänge, gibt der Innensenator offen zu, aber auch noch an der Stadtentwicklungspolitik. Er sinniert auch bei der IHK über die Gestaltung der Metropole Berlin, feilt an den ganz großen Linien. Eine Kombination aus beiden Ressorts wäre gut, sagt Geisel sinngemäß. Ein Superressort aus Innen- und Stadtentwicklungspolitik? Das gab es noch nie in Berlin. Der wohl nicht ganz ernst gemeinte Vorschlag zeigt aber, welche Ambitionen der ehemalige Fernmeldemechaniker der Deutschen Post der DDR hat. Geisel betont: »Ich trage unglaublich gerne Verantwortung.« Bekannt ist unterdessen, dass die neue SPD-Spitze nur zu gerne die Ressorts Stadtentwicklung und Verkehr wieder zusammenführen würde.
Bringt sich da mit Geisel jemand für diesen Posten in Stellung? Oder strebt er gar noch höhere Aufgaben an? Der Moderator der Frühstücksrunde, der Berliner IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder, jedenfalls scheint von so viel präsentiertem Verantwortungsbewusstsein ebenfalls beeindruckt zu sein. Er dankt Geisel am Ende der für außenstehende Beobachter ziemlich aufschlussreichen Veranstaltung für den »tiefen« Einblick. »Wo immer Sie das am Ende hinführt«, sagt Eder.
Wie die Wahlen am Ende ausgehen, wird sich im Herbst zeigen. Geisel - frisch gegelt im dunkelblauen Anzug - würde es selber am besten finden, wenn die SPD »alleine« regieren könnte. Angesichts der aktuellen Umfragen, die die Partei landesweit zwischen 18 und 20 Prozent verorten, wäre das derzeit ausgeschlossen. Das weiß auch der Innensenator, der aber auch auf die Schwierigkeiten von Dreier-Koalitionen, wie die kompliziertere Kommunikation, verweist. Die Sozialdemokraten halten sich erst mal fast alle Optionen offen. Nur eine Partei ist raus: »Die SPD schließt die AfD aus«, betont Geisel. Ansonsten setzt der Innensenator ganz auf eine Aufholjagd der Spitzenkandidatin. »Mit Franziska Giffey verkörpern wir, dass Berlin für sie eine Herzenssache ist«, sagt Geisel.
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