- Kommentare
- Kontra: Lockdown-Lockerungen
Lockerungen sind nicht dran
Daniel Lücking ist für ein Festhalten am jetzigen Weg
»Das ist ein Geschehen, das hätte vermieden werden können«, sagt der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI) Lothar Wieler am Freitag bei der Corona-Pressekonferenz in Berlin. Er wurde zur Ausbreitung der afrikanischen Variante des Coronavirus befragt. Nach aktuellem Kenntnisstand hat sich diese Variante in Skigebieten in der Schweiz ausgebreitet, sei dabei schneller als die britische Variante und betreffe auch jüngere Menschen. Derzeit sieht das RKI drei besorgniserregende Varianten des Coronavirus.
Die Bundesregierung steht in der Debatte um Lockerungen der Beschränkungen unter einem wachsenden Druck. Mit jedem neuen Impfstoff, jeder erfolgten Impfung werden die Stimmen lauter, die Beschränkungen aufzuheben. In der politischen Debatte verfolgen nicht wenige Befürworter der Lockerungen wirtschaftliche Interessen.
Persönliche Egoismen, wie der Rodelausflug bei Schneefall in den Mittelgebirgen zeigen, dass die Bereitschaft, sich und seine Familie zu schützen, immer wieder zum nachgeordneten Interesse wird. Auf der anderen Seite sind nach einer aktuellen Umfrage von Infratest Dimap 68 Prozent der Menschen gegen Sonderrechte und Lockerungen für Geimpfte.
Es ist verständlich, dass nach Monaten des Lockdowns die Nerven gerade in den Homeschooling-Familien blank liegen, und dass auch dort Menschen leiden. Dennoch sollte das Durchdenken der schlechtest möglichen Entwicklung erlaubt sein, statt als Angstmacherei oder Befürwortung zunehmend angeblich autoritärer Maßnahmen diffamiert zu werden. Fakt ist derzeit, dass zu wenige Menschen geimpft sind, als dass dies auch nur ansatzweise einen Effekt auf die Ausbreitung der Viren hätte. Es ist wissenschaftlich noch nicht ermittelbar, ob geimpfte Menschen das Virus nicht weiterhin verbreiten können.
Pro: Kritik der reinen Rationalität
Simon Poelchau meint, dass es langsam Zeit wird, über ein Ende des Lockdowns zu reden
Klar ist, dass eine stärkere Ausbreitung auch die Ausbreitung und Entwicklung neuer Varianten begünstigt. Zu früh den Lockdown aufzuheben und das Risiko eines erneuten exponentiellen Wachstums einzugehen, erhöht die Wahrscheinlichkeit von Mutationen. Was, wenn diese sich – analog zu den bisherigen – stärker verbreiten und auch, wie im Fall der afrikanischen Variante, jüngere Menschen oder gar Kinder in schwere Krankheitsverläufe bringt?
Schon jetzt muss die Gesellschaft aushalten, dass wir nicht in der Lage waren, die Alten und Schwachen zu schützen, die zu Tausenden starben. Wie gehen wir damit um, wenn mit den Lockerungen eine Variante Einzug hält, die am anderen Ende der Alterspyramide über Wochen auch nur zu 100 Todesfällen pro Tag führt?
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!