Immer größere Proteste in Myanmar gegen Militärputsch

Mit Maßnahmen wie einer Sperre des Internets haben die Militärs bislang vergeblich versucht, den friedlichen Widerstand zu stoppen

  • Lesedauer: 3 Min.

Rangun. Knapp eine Woche nach dem Putsch in Myanmar weiten sich die landesweiten Proteste gegen das Militär aus. In der Wirtschaftsmetropole und einstigen Hauptstadt Rangun gingen am Sonntag an drei verschiedenen Standorten Zehntausende Menschen auf die Straßen, wie das Nachrichtenportal »Myanmar Now« berichtete. Schon am Vortag hatten dort mehrere Tausend Menschen demonstriert. Mit drakonischen Maßnahmen wie einer fast vollständigen Sperre des Internets haben die Militärs bislang vergeblich versucht, den friedlichen Widerstand zu stoppen. Aus anderen Städten wurden ebenfalls weitere Kundgebungen gemeldet.

Viele Protestierende hatten sich rote Bänder angesteckt oder trugen rote Luftballons bei sich. Rot ist die Farbe der »Nationalen Liga für Demokratie« (NLD) der am vergangenen Montag gestürzten De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi. In Sprechchören skandierten die Menschen: »Nieder mit der Militärdiktatur!«. Viele zeigten den »Drei-Finger-Gruß« aus dem Hollywood-Blockbuster »Die Tribute von Panem«. Im benachbarten Thailand ist diese Geste des Widerstands seit dem Putsch vom Mai 2014 verbreitet.

Teller und Rand - der Podcast zu internationaler Politik

Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.

Nach Facebook hatten die Militärmachthaber am Samstag auch die Zugänge zu Twitter und Instagram blockieren lassen und die Sperre dann auf fast das gesamte Internet ausgeweitet. Medienberichten zufolge wurde diese am Sonntag teilweise wieder aufgehoben. Über die sozialen Netzwerke hatten Beschäftigte in Krankenhäusern und an Universitäten sowie Studierende zu Aktionen des zivilen Widerstands aufgerufen. Fabrikarbeiterinnen und -arbeiter sowie Angestellte aus Behörden schlossen sich an.

Unterdessen wächst die Sorge vor einer Niederschlagung. Das Magazin »Irrawaddy« stellte ein Video ins Internet, wonach Polizisten am Sonntagmittag (Ortszeit) in der Stadt Myawaddy im Bundesstaat Karen an der Grenze zu Thailand Gummigeschosse in eine Menge von mehreren Hundert Demonstranten feuerten. Sechs Personen wurden demnach verhaftet.

Der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Myanmar, Tom Andrews, appellierte an die internationale Gemeinschaft, der pro-demokratische Bewegung zur Seite zu stehen: »Die mutige Bevölkerung in Myanmar soll wissen, dass sie nicht allein ist, wenn sie ihre fragile Demokratie verteidigt«, erklärte Andrews am Sonntag. Den UN-Menschenrechtsrat forderte er auf, unverzüglich eine Sondersitzung einzuberufen.

Demnach sind mehr als 160 Personen seit Beginn des Putsches verhaftet worden. Darunter sind vor allem Angehörige der gestürzten Regierung sowie Mitglieder von Bürgerrechtsorganisationen. Viele weitere Menschen sind laut Andrews untergetaucht. Zwischenzeitlich hatte es Gerüchte gegeben, Suu Kyi sei aus dem Hausarrest entlassen worden. Diese erwiesen sich jedoch als falsch.

Junta formiert sich. Personelle Neuordnungen nach dem Putsch in Myanmar.

Die Armee hatte den Putsch mit angeblichem Wahlbetrug begründet, ohne Beweise vorzulegen. Die Wahlen vom 8. November hatte Suu Kyis NLD klar gewonnen. Die Partei der Militärs war unterlegen. Schon in der Vergangenheit stand Myanmar (früher Birma) fast 50 Jahre unter Militärherrschaft. Erst 2011 hatte eine politische Öffnung begonnen. epd/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.