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  • Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung

Eine Verhöhnung

Ersan Mondtag gegen die Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung

  • Jakob Hayner
  • Lesedauer: 2 Min.

Vielleicht hätte man es wissen können. In der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung lassen sich seit ihrer Gründung 2008 revisionistische und revanchistische Haltungen finden. 2010 verließ deswegen der Zentralrat der Juden den Stiftungsrat, aus Polen gab es immer wieder Proteste. Das hätte vielleicht auch der Theatermacher Ersan Mondtag wissen können, als er die Zusage gab, einen Film für die Stiftung und deren künftiges Dokumentationszentrum zu machen. Der 1987 in Berlin geborene Ersan Aygün, Künstlername Mondtag, ist ein Star der Theaterszene. Er arbeitet unter anderem am Berliner Maxim-Gorki-Theater, wo man sich dem postmigrantischen Theater verschrieben hat. Perfekt, um das eigene Image aufzupolieren, dachte man sich wohl in der Stiftung. Dort spricht man von einem Imagefilm, den man bei Mondtag in Auftrag gegeben habe. Der aber versteht sich als Künstler, mit entsprechenden Freiheiten.

Dass Mondtag die Verbindung der völkischen Rechten zu Flucht und Vertreibung thematisieren und Kontakt zu einem polnischen Historiker aufnehmen wollte, ging der Stiftung dann aber doch zu weit. Der Aspekt Rechtsextremismus sollte ausgespart bleiben, angeblich um Rechtsextremisten keine Bühne zu bieten, wie die »Süddeutsche Zeitung« berichtete. Bereits Mitte Dezember schrieben Mondtag und sein Team einen Brief an Kulturstaatsministerin und Stiftungsratsvorsitzende Monika Grütters (CDU), in dem von Zensur die Rede ist. Außerdem musste der Theatermacher finanziell in Vorleistung gehen. Der sitzt nach eigenen Angaben nun auf knapp 50 000 Euro Schulden, die erst nach Beginn der Arbeit vorgelegten Verträge bezeichnete er als inakzeptabel und künstlerfeindlich. Den Titel der Stiftung hat Mondtag für sich in Flucht, Vertreibung, Verhöhnung abgewandelt. Offenbar wollte die Stiftung zwar ihr Image aufpolieren, jedoch ohne von ihrer politischen Linie abzurücken. Ja, vielleicht hätte man es wirklich wissen können.

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