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Corona-Impfstoff für alle!
Das Kollektiv »Peng!« fordert Patente für den Corona-Impfstoff auszusetzen und ruft Angestellte von Biontech zum Leak auf
Impfstoff für alle? Das sollte möglich sein, sagt das Kollektiv »Peng!« und ruft die Angestellten des Pharmaunternehmens Biontech dazu auf, Informationen über die Herstellung des mRNA-Impfstoffs gegen Corona zu leaken. Die Idee: Die sogenannten Standard Operational Procedures, also die detaillierte Anleitung zur Herstellung, frei zugänglich zu machen. Damit könnten Unternehmen weltweit mit der Produktion beginnen – und letztendlich die Verbreitung und Verteilung des aktuell so knappen Impfstoffs verbessern.
Weltweit seien mehr als 1000 Unternehmen in der Lage, innerhalb eines Jahres mit der Impfstoffproduktion zu beginnen, schreibt das Kollektiv in einer Mitteilung. Die Aktivist*innen verweisen auf Aussagen von Expert*innen, aber auch Signale von Firmen auf der ganzen Welt, die bereits erklärt hätten, in die Impfstoff-Produktionsketten einsteigen zu können. »Dafür muss die Herstellungsanleitung öffentlich zugänglich sein.« Doch Biontech besitzt die Patentrechte und produziert damit exklusiv und nur in Zusammenarbeit mit Unternehmen, die dafür Lizenzen erworben haben. Dieses »Monopol verschärft die Impfstoffknappheit weltweit«, kritisiert Robin Barnabas von Peng!.
Zwar sind Impfstoffe relativ kompliziert herzustellen, die Produktion von mRNA-Vakzinen sei allerdings vergleichsweise einfach, heißt es auf der Webseite zur aktuellen Kampagne. Eine durchaus umstrittene Behauptung. Sebastian Ulbert, Experte für Impfstoff-Technologien am Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig, sprach im »Deutschlandfunk« von »hochkomplexen Herstellungsprozessen« - auch was die einzelnen Bestandteile des mRNA-Impfstoffs angeht.
»Benötigt werden die Ausgangsstoffe und die genaue Herstellungsanleitung«, schreibt das Kollektiv. Wissen, was Biontech unter Verschluss hält. »Deshalb fordern wir euch jetzt auf: Gebt den Impfstoff-Wissen frei und ermöglicht die weltweite Produktion!«
Mitarbeiter*innen, die Informationen weitergeben möchten, können das anonym über die eigens geschaffene Webseite biontech-leaks.org tun. Dort werden sie auf die Seite Ddosecrets der Aktivist*innengruppe Distributed Denial of Secrets weitergeleitet.
Gleichzeitig fordert Peng! mit ihrer neuen Aktion, Patente weltweit auszusetzen. »Staatliche Förderungen, Abnahmezusagen, Haftungsbeschränkungen«: Bei der Entwicklung und Produktion von Corona-Impfstoffen gäbe es für Pharmakonzerne derzeit nur minimale Risiken, so das Kollektiv. »Doch die Rechte an den entwickelten Vakzinen liegen allein bei der Industrie.« Ein Aussetzen von Patentrechten wäre in der Tat möglich, weil bei Katastrophen wie nun der Corona-Pandemie das internationale Handelsrecht Ausnahmen möglich macht. Auf diese Weise »können Patente ausgesetzt werden, um die Produktionskapazitäten voll ausschöpfen und letztlich Menschenleben zu retten!«, betont Peng!.
Warten auf die Spritze. Wer kriegt die meisten Impfdosen? Die finanziell schwächsten Länder ganz sicher nicht.
Über 100 Staaten hätten eine solche Aussetzung bereits bei der Welthandelsorganisation (WTO) beantragt. »Doch westliche Länder blockieren diesen Vorschlag. Ihr Grund: Profitinteressen der Pharmaindustrie schützen. So werden auch in extremen Krisenzeiten Gewinne vor Gesundheit und Leben gestellt«, kritisieren die Aktivist*innen. Im März soll bei einem Treffen der WTO-Mitglieder erneut darüber debattiert werden. »Dann werden sie final entscheiden: Zählen Menschenleben mehr als Profite?«, schreibt das Kollektiv.
Bis dahin werden die Angestellten bei Biontech durch eine Plakataktion weiter zum Leaken aufgefordert. Vor den Standorten des Unternehmens in Mainz und Marburg ist auf Postern zu lesen: »Deine Arbeit kann Leben retten – oder Profite maximieren« und die Aufforderung »Leake den Biontech Impfstoff«.
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