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Fehlstart in den Wahlkampf
Verteidigungsministerin bewirbt sich mit Geldforderungen für zweite Amtszeit
»Die Idee einer Sicherheitswoche klingt irgendwie putzig. Am besten, wir führen in dieser Woche dann auch die jährliche Feueralarmübung noch durch«, kritisiert Tobias Lindner (Grüne) einen von Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) in einem Positionspapier präsentierten Vorschlag für die Neuausrichtung der Verteidigungspolitik. Das Dokument war zunächst an konservative Medien gelangt und wurde am Mittwoch im Verteidigungsausschuss vorgestellt. Flankierend bot sich die Ministerin gegenüber der »FAZ« für eine zweite Amtszeit an, in der sie ihre Vorschläge dann umsetzen wolle.
Nicht alles im Papier stößt auf Ablehnung. »Die Idee, den Bundessicherheitsrat zu reformieren, teilen wir. Auch eine tiefgehende Beschäftigung mit Sicherheitsfragen sehen wir positiv. Allerdings benötigt es mehr als Worte«, sagte der FDP-Obmann im Verteidigungsausschuss, Alexander Müller, dem »nd«. Die Ministerin müsse die Mängel im Beschaffungsprozess beheben und Taten zeigen, statt nur Probleme zu benennen, wie es bereits von ihrer Vorgängerin im Amt bekannt sei, so Müller weiter.
Das Papier war offenbar nicht mit den Regierungsfraktionen abgesprochen, wie »nd« aus Parlamentskreisen erfuhr. Innerhalb der Union gibt man sich dennoch solidarisch. »Um handlungsfähig zu bleiben und weder als Bundesrepublik Deutschland noch als Bündnis Nato oder EU erpressbar zu werden, müssen wir unsere Bundeswehr an den Erfordernissen der Zukunft ausgerichtet aufstellen und angemessen, auskömmlich sowie verlässlich finanzieren«, forderte der außen- und sicherheitspolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Reinhard Brandl.
Viele neue Gefahren werden auf den sieben Seiten geradezu heraufbeschworen und teils mit Plattitüden wie »umfassende Sicherheit gibt es nicht zum Spartarif« begründet.
Deutlich fällt die Kritik bei den Parlamentariern der Linksfraktion aus, die vor allem die Kreativität der Ministerin kritisieren, die Rüstungsprojekte nicht mehr nur mit dem eigenen Haushalt realisieren will. So sollen Milliardenprojekte künftig auch aus dem Etat der »Allgemeinen Finanzverwaltung« (Einzelplan 60) finanziert werden. »Offensichtlich kommt Annegret Kramp-Karrenbauer mit ihrem Haushalt nicht hin, obwohl die Bundeswehr schon jetzt einen Rekordetat hat«, kritisiert der verteidigungspolitische Sprecher der Linken, Tobias Pflüger. Sie erhöhe damit den Druck auf Finanzminister Olaf Scholz (SPD), um weitere Millionenprojekte wie die Eurodrohne oder den schweren Transporthubschrauber zu finanzieren. »Die Bundeswehr muss ihre Rüstungsprojekte aus ihrem eigenen Haushalt finanzieren. Alles andere ist glatte Haushaltstrickserei«, so Pflüger weiter.
Alexander Neu, Obmann der Linken im Verteidigungsausschuss, lehnt die im Papier vorgeschlagene Umwandlung des Bundessicherheitsrates in einen »Nationalen Sicherheitsrat« ab, der sich an US-amerikanischen Strukturen orientieren würde. »Es geht Frau Kramp-Karrenbauer lediglich um eine Effektivierung der politischen Strukturen, um ihren bellizistischen Neigungen besser Rechnung tragen zu können«, so Neu. Die Bevölkerung in Deutschland sei aber überwiegend pazifistisch eingestellt und sehe »die kostbaren Steuergelder gerne auch sinnvoller eingesetzt«, sagte Neu auch im Blick auf die vorgeschlagene Sicherheitswoche im Parlament. Er verglich diese Maßnahme mit dem Einsatz von Bildungsoffizieren - von der Bundeswehr Jugendoffiziere genannt -, die ein einseitiges »transatlantisches Weltbild« transportieren würden. Pflüger und Neu mahnen, dass die Ministerin mit immer neuen Geldforderungen für Rüstungsprojekte außer Acht lasse, dass die finanziellen Belastungen der Coronakrise irgendwann abzuarbeiten sind. Perspektivisch müssten Veränderungen im Ministerium stattfinden, statt sich mit immer neuen Ambitionen zum globalen Akteur aufzuschwingen. »Mit dieser plumpen Rhetorik hat sich die Ministerin als ernstzunehmende Politikerin selbst disqualifiziert«, kritisierte Neu die im Positionspapier aufgebauten Feindbilder.
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