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Tschüss, Storch

Im thüringischen Hildburghausen soll es künftig keine Geburtsstation mehr geben

  • Sebastian Haak, Hildburghausen
  • Lesedauer: 3 Min.

Selbst einen Headhunter hatte die Klinik nach eigenen Angaben einschalten wollen, doch der hatte den Auftrag direkt abgelehnt. Schon in den vergangenen Jahren - bei vergleichbaren Aufträgen - habe sich gezeigt, dass es nahezu unmöglich sei, Chefärzte für die Geburtshilfe für kleine Krankenhäuser zu finden, hatte er dem Klinikum erklärt.

Offenbar hat er damit Recht behalten. Denn im Süden Thüringens wird nun die Geburtsstation der dortigen Regiomed-Klinik in Hildburghausen geschlossen, weil sich kein Führungsnachwuchs für diese Abteilung gefunden hat. Auch andere Versuche des Hauses, die Stelle des Chefarztes der Geburtsstation nachzubesetzen, seien gescheitert, sagt ein Sprecher des Klinikverbundes, zu dem das Haus gehört. Deshalb wird nun spätestens am 31. März das letzte Baby in dieser Abteilung zur Welt kommen. Geburten wird es in dem Haus danach nur noch bei medizinischen Notfällen geben.

Für die Menschen in der ländlich geprägten Region bedeutet das, dass sie nun oft noch weiter fahren müssen, um ein Kind in einem Krankenhaus zur Welt zu bringen. Denn im gesamten Landkreis Hildburghausen gibt es nun nach Angaben des Thüringer Gesundheitsministeriums keine Geburtsstation mehr. Die nächsten derartigen Fachabteilungen seien in Suhl, Meiningen, Sonneberg, Coburg und Bad Neustadt zu finden.

Zwar darf man diese Situation nicht überdramatisieren: Die Thüringer Landkreise sind trotz aller Versuche, dies zu ändern, dermaßen klein, dass auch der Weg in eine Klinik außerhalb des Kreises vergleichsweise kurz ist; zum Beispiel, wenn man die Thüringer Minikreise mit den Großkreisen vergleicht, die es etwa in Mecklenburg-Vorpommern gibt. Dazu kommt, dass zum Beispiel Menschen im Landkreis Hildburghausen schneller in Coburg sind als in ihrer eigenen Kreisstadt. Dennoch zeigt die Schließung dieser Geburtsstation exemplarisch, wie schwer es für kleine Krankenhäuser besonders im ländlichen Raum ist, ausreichend Ärzte zu finden. Auch, weil der Versuch, den Headhunter einzuschalten, nach Angaben des Regiomed-Sprechers nur einer von vielen Versuchen war, die Chefarztstelle nachzubesetzen. Der Job sei wie üblich ausgeschrieben gewesen, man habe auch Werbung in den sozialen Medien gemacht. »Wir hatten insgesamt vier potenzielle Bewerber, mit denen allesamt Gespräche geführt wurden«, sagt der Sprecher. »Diese haben allerdings unter anderem aufgrund der niedrigen Geburtenzahl nicht die Perspektive für sich persönlich gesehen, am Standort Hildburghausen zu arbeiten.«

Der bisherige Chefarzt der Geburtshilfe hatte zuvor gekündigt, um in ein größeres Haus, nach Suhl, zu wechseln. Auch einige seiner Kollegen hätten danach die Kündigung eingereicht, sagt der Regiomed-Sprecher.

Überhaupt ist die zentrale Ursache dafür, dass sich Mediziner oft so schwer mit dem ländlichen Raum tun, weniger das Landleben an sich. Es ist auch, so das Thüringer Gesundheitsministerium, vor allem die Tatsache, dass in kleinen Krankenhäusern im ländlichen Raum weniger Patienten behandelt werden als in Städten; was im Besonderen für den Landkreis Hildburghausen zutrifft, für den die Statistiker einen massiven Rückgang der Einwohnerzahlen vorhersagen.

»Geburtshilfe gehört zur regionalen Versorgung und eine wohnortnahe akutstationäre Versorgung ist grundsätzlich wünschenswert«, sagt eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums. »Bei zurückgehenden Geburtenzahlen entsteht jedoch ein Qualitätsproblem und somit ein Konflikt zwischen wohnortnaher und qualitativ hochwertiger Versorgung.« Nötig für eine qualitativ hochwertige Versorgung auf einer Geburtsstation seien in der Regel mindestens 500 Geburten jährlich. In Hildburghausen war diese Zahl zuletzt deutlich unterschritten worden.

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