Die zweite deutsche Reihe ist zu schwach
Auch Leverkusener und Hoffenheimer Fußballer scheitern in der Europa League.
Es sollte endlich alles besser werden, stattdessen wurde es noch schlimmer. Bayer Leverkusen und 1899 Hoffenheim hatten schon den ein oder anderen Titeltraum in der Europa League geträumt. Doch nach den beiden 0:2-Heimpleiten gegen die Young Boys Bern und Molde FK waren beide bei der Auslosung des Achtelfinals am Freitag schon nicht mehr im Topf. Der VfL Wolfsburg hatte nach dem Playoff-Aus gegen AEK Athen gar nicht erst richtig mitgespielt.
Die Tristesse war noch am nächsten Morgen noch spürbar. »Natürlich müssen wir von einer verkorksten Saison sprechen«, gestand Hoffenheims Trainer Sebastian Hoeneß. »Es ist deutlich, dass wir in einer schwierigen Phase sind«, sagte auch sein Leverkusener Kollege Peter Bosz. »Und das ist noch Understatement.« Twitter-User witzelten gar schon über die »Wunde von Bern«.
Den wichtigen vierten Platz in der UEFA-Fünfjahreswertung, der vier Starter in der Champions League garantiert, gefährdet das kollektive Versagen derzeit nicht ernsthaft. Für den Ruf der Bundesliga ist das Abschneiden dennoch schädlich. In Sachen Europa League sieht es fast so aus, als sei sich die deutsche Liga zu fein für den kleineren Europacup. Letztlich ist aber die zweite Reihe wohl einfach nur zu schwach. Man registriere bei den Nationalteams keine positive Entwicklung anderer Verbände, erklärte Joti Chatzialexiou, Sportlicher Leiter Nationalmannschaften beim Deutschen Fußball-Bund. Ein Rückschritt sei das also nicht. »Trotzdem ist es enttäuschend, wenn sich kein deutsches Team für das Achtelfinale qualifiziert. Das sollte schon unser Anspruch sein.«
Kein Team unter den besten 16 zu stellen, ist der Bundesliga bisher nur 2014 passiert. Die komplette Bilanz ist dennoch ernüchternd. In zwölf Jahren seit der Einführung der Europa League stellte Deutschland noch keinen Titelträger, nicht mal einen Finalisten und auch erst zwei Halbfinalteilnehmer: den Hamburger SV 2010 und Eintracht Frankfurt 2019. So gesehen könnte man sagen, dass das oft als Plastikklubs verspottete Trio aus Wolfsburg, Hoffenheim und Leverkusen die deutsche Tradition in diesem Wettbewerb gewahrt hat.
Während die Wolfsburger in der Bundesliga mittlerweile starke Leistungen zeigen und sogar auf die Champions League in der nächsten Saison hoffen dürfen, könnte das Scheitern für Leverkusen und Hoffenheim größere Auswirkungen haben. Zunächst stehen die Trainer Bosz und Hoeneß kräftig unter Druck. Bosz kann seinen Job durch eine Aufholjagd bis auf einen Champions-League-Platz noch retten, aber wohl auch nur so. Hoeneß und Hoffenheim werden im Herbst wohl nicht mehr international dabei sein. Deshalb droht der TSG sogar ein Umbruch. Spieler wie Torjäger Andrej Kramaric sind ohne Europacup nur schwer zu halten. Saisonziele will Hoeneß aber keine mehr ausrufen. Das sei derzeit sinnlos, sagte er am Freitag. Mit der Enttäuschung umzugehen, sei »Herausforderung genug« und »eine Charakterfrage«.
Ansonsten will Hoeneß ebenso wenig über seine eigene Zukunft reden wie Peter Bosz in Leverkusen. »Sich Sorgen zu machen, bringt nix«, sagte Bosz. »Meine Aufgabe ist es, der Mannschaft zu helfen, damit sie das drehen kann. Das ist eine Riesenherausforderung.« An die Qualifikation für die Champions League glaubt der Niederländer trotz derzeit fünf Punkten Rückstand »absolut. Fünf Punkte sind immer noch machbar.« dpa/nd
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