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Kasernenstadt sucht Anschluss
Rund 10 000 Menschen sollen bald in Krampnitz wohnen - um eine Straßenbahn dorthin wird heftig gestritten
Lange tat sich in den maroden Kasernenanlagen an der der Bundesstraße 2 am Krampnitzer See wenig. Doch inzwischen ist Bewegung in die seit der Übergabe durch die russischen Truppen 1991 leer stehenden Bauten an der Nahtstelle zwischen dem Potsdamer Norden und Berlin gekommen. Bis Ende 2030 soll dort ein »neues, zukunftsweisendes Wohnquartier« entstehen, in dem einmal annähernd 10 000 Menschen leben sollen.
»Potsdams Neuer Norden«, so beschreibt der Entwicklungsträger Potsdam das größte Wohnungsbauvorhaben der Landeshauptstadt, das auf dem 140 Hektar großen Areal der Krampnitzer Kasernen entwickelt wird. Neben dringend benötigtem Wohnraum für die rasant wachsende Zahl der Potsdamer - davon rund 25 Prozent mit Mietpreis- und Belegungsbindungen - will die Stadt in Krampnitz zahlreiche Gewerbeflächen sowie soziale Infrastruktureinrichtungen schaffen. Zu den Investoren zählt das Unternehmen Deutsche Wohnen, das - mit zweijähriger Verzögerung - bis 2024 die ersten von 1800 Wohnungen in Krampnitz fertigstellen will.
Nach der Freilegung und Sicherung der teils überwucherten und vielfach einsturzgefährdeten Bauten und Anlagen begann im vergangenen November der Vertrieb der aus den 1930er Jahren stammenden denkmalgeschützten Bestandsgebäude. Beim ersten ausgeschriebenen Objekt handelt es sich um das Torgebäude im Westen des Areals, wo Flächen für die gewerbliche Nutzung entstehen sollen - »Büros, Ateliers oder wohnverträgliche Werkstätten mit einem untergeordneten Anteil an Wohnungen«, wie es heißt.
Ende Februar einigten sich die Stadt, Deutsche Wohnen und der Entwicklungsträger Potsdam auf Grundlage des 2019 durch die Stadtverordnetenversammlung beschlossenen »Masterplans« auf die Rückgabe von Teilflächen des Areals an den Entwicklungsträger. »Die Kommune erhält damit Neubauflächen und Flurstücke mit Bestandsgebäuden im Krampnitzer Osten mit einer Gesamtgröße von rund 50 000 Quadratmetern zurück - darunter auch das ehemalige Offizierskasino«, teilte das Rathaus dazu mit.
»Mit der Rückübertragung der Flächen wollen wir den Weg dafür ebnen, dass quartiersprägende Räume, wie das Offizierskasino künftig für teilöffentliche Nutzungen - beispielsweise im kulturellen Bereich - zur Verfügung stehen und damit dem gesamten Quartier zugutekommen«, erläutert Henrik Thomsen von Deutsche Wohnen. Bert Nicke, Geschäftsführer der Entwicklungsträger Potsdam GmbH, will das repräsentative Bauwerk aus den 1930er Jahren »je nach pandemiebedingten Rahmenbedingungen noch in diesem Jahr mit Kunst und Kultur beleben«.
Aus Sicht des Potsdamer Linke-Politikers Hans-Jürgen Scharfenberg, Mitglied der Stadtverordnetenversammlung, hat Kramp-nitz großes Potenzial für die Entwicklung der Landeshauptstadt. »Die Zielstellung bleibt, Krampnitz zu einem zukunftsträchtigen Stadtteil zu machen und damit einen wichtigen Beitrag dazu zu leisten, das Wohnungsproblem in der Stadt in den Griff zu bekommen«, sagte er dem »nd«. Aber gerade bei Sozialwohnungen für Familien mit Kindern sei die Verkehrserschließung entscheidend.
Krampnitz liegt an der Bundesstraße B2 und befindet sich verkehrstechnisch in einer schwierigen Lage. Die Platzverhältnisse sind aufgrund der engen Trassenführung für den Linienbetrieb des Öffentlichen Personennahverkehrs sehr eingeschränkt. Die Stadt Potsdam stellt aber klar: »Die Verlängerung der Straßenbahn 96 ist das aktuell wichtigste Infrastrukturprojekt in der Landeshauptstadt und ein wichtiger Baustein für die Mobilitätswende«, heißt es in einer Mittelung der Stadtverwaltung. Mit dem Projekt werde der gesamte Potsdamer Norden besser an den ÖPNV angebunden. »Neben dem neu entstehenden Stadtteil Krampnitz werden auch die bestehenden Ortsteile davon profitieren.«
Doch bei ihren Planungen für die Straßenbahntrasse entlang der B2 vom Jungfernsee bis nach Krampnitz müssen die Stadt und der städtische Verkehrsbetrieb ViP mit dem Widerstand zahlreicher Anwohner rechnen. Die befürchten nicht nur Lärm und Erschütterungen durch die auf knapp bemessenem Raum vorbeifahrenden Straßenbahnen, sondern auch eine Entwertung ihrer Immobilien. Es drohen zeit- und kostenintensive juristische Auseinandersetzungen.
Man binde die Bürger in die Planungen ein, teilte die Stadt mit. »Zu der bisherigen Vorplanung hat bereits Kommunikation mit betroffenen Anwohnern und Eigentümern stattgefunden.« Ein bereits im Sommer 2020 öffentlich angebotener Online-Dialog sei sehr gut angenommen und daher zum Jahresende noch einmal für drei Wochen geöffnet worden. »Es bleibt erklärtes Ziel, den begonnenen Dialog mit geeigneten Mitteln fortzuführen, über neue Projektstände regelmäßig zu informieren und mit betroffenen Anwohnern geeignete Lösungen zu finden.«
Scharfenberg hält die Straßenbahnanbindung für die beste Verkehrslösung. »Wir wissen aber: Je konkreter das wird, desto anspruchsvoller wird das«, mahnt er. Wenn jetzt solche Fragen auftauchten, dass etwa die Straßenbahntrasse durch Vorgärten geführt werden soll, dann müsse darüber geredet werden. »Und zwar in einer Weise, dass sich am Ende keiner über den Tisch gezogen fühlt, aber auch die Gesamtlösung nicht gefährdet wird«, sagte er. Noch ist Zeit. Erst im Jahr 2029 soll die erste Tram bis Krampnitz fahren.
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