Zeit des Umbruchs

Bei den deutschen Skispringerinnen und Kombinierern naht das Ende einer erfolgreichen Ära

  • Lars Becker, Oberstdorf
  • Lesedauer: 3 Min.

Als Andreas Bauer die deutschen Skispringerinnen über seinen bevorstehenden Abschied informierte, sind im Teamhotel dieser Heim-WM von Oberstdorf Tränen geflossen. Nach 25 Trainerjahren im Deutschen Skiverband (DSV) wird der Chefcoach der fliegenden Frauen seinen Posten zum Saisonende räumen. Zum einen, weil er ein »privates Projekt« umsetzen, aber auch Raum für neue Impulse mit Blick auf die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking lassen will. Sein überraschender Rücktritt leitet einen personellen Umbruch ein, von dem auch die Nordische Kombination betroffen sein wird.

»Es war ein sehr emotionaler Moment, als ich es den Mädels mitgeteilt habe. Ich habe gemerkt, wie eng wir zusammengewachsen sind«, berichtet Bauer. Kein Wunder: In seinen zehn Jahren als Chefcoach hat er nicht nur die Entwicklung des Skispringens der Frauen zu einer mit den Männern gleichberechtigten Disziplin mit nunmehr vier WM-Wettbewerben maßgeblich vorangetrieben. Er hat auch große Erfolge gefeiert. Bauer formte Carina Vogt zur bislang erfolgreichsten Skispringerin: Sie holte sich 2014 nicht nur den ersten Olympiasieg der Geschichte, sondern hat auch fünf WM-Titel gewonnen.

Jetzt, in seinem Geburtsort Oberstdorf, konnte sich der 57-Jährige nach enttäuschenden Einzelleistungen seiner Fliegerinnen wieder über eine Goldmedaille freuen: im Mixed-Teamwettbewerb. »Damit hat sich in meiner Heimat der Kreis geschlossen. Hier habe ich als Sechsjähriger die Schanze hochgeschaut und gedacht, dass ich da unbedingt runterspringen will. 1987 bei der ersten WM in Oberstdorf war ich dann als Skispringer selbst dabei«, erinnert sich Bauer.

1996 wurde Bauer Co-Trainer des legendären Reinhard Heß im deutschen Skisprungteam. Er schaute sich in der Erfolgsära von Martin Schmitt und Sven Hannawald viel von der außergewöhnlichen Menschenführung seines »Ziehvaters« ab. 2003 wurde er Sprungtrainer der deutschen Kombinierer. Ein Höhepunkt in acht erfolgreichen Jahren war die zweite Heim-WM 2005 in Oberstdorf, bei der Ronny Ackermann zweimal Gold gewann. Chefcoach der Winterzweikämpfer war damals mit Hermann Weinbuch eine weitere Trainerlegende. Er ist es immer noch. Der 60-Jährige wird wohl 2022 nach Olympia sein Amt abgeben, das er, abgesehen von einer kurzen Unterbrechung, schon 25 Jahre innehat. »Ich habe noch einen Vertrag bis nächstes Jahr, den ich erfüllen will. Danach wird wohl Schluss sein«, kündigt Weinbuch an.

Der weltweit erfolgreichste Trainer in der Nordischen Kombination hat auch eine Idee, wer sein Nachfolger werden könnte: »Der Ronny ist der perfekte Kandidat. Er ist feiner Mensch, sehr loyal, weiß alles über diese Sportart und kann mit den Jungs sehr gut umgehen.« Gemeint ist sein ehemaliger Schützling Ronny Ackermann, der bis letzten Winter Sprungtrainer der Kombinierer war und derzeit als Nachwuchscoach in Thüringen arbeitet.

Die Suche nach einem Nachfolger für Andreas Bauer wird schwieriger. »Andi hat den Verband geprägt und hinterlässt eine große Lücke. Und der Markt ist im Jahr vor Olympia nicht mega groß«, sagt Horst Hüttel. Der im DSV für die Skispringer und Kombinierer zuständige Mann hat schon ein paar Kandidaten kontaktiert. Ein Ansprechpartner wird sicher auch Bauers Co-Trainer Christian Bruder sein. Vielleicht stehen aber auch Überraschungskandidaten wie Martin Schmitt auf der Liste.

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