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Kleine Schritte
Im Kongo kämpfen Frauen gegen alltägliche Gewalt
Schütte alles Mehl in die Schüssel«, kommandiert Elda Masika. Sie bringt jungen Frauen bei, wie man Brot, Krapfen und Pfannkuchen backt. Ihre Schülerinnen sind Teenager-Mütter, die Gewalt erfahren und den Rückhalt der Familie verloren haben. Deshalb kümmert sich die Menschenrechtsorganisation Aidprofen in Goma um sie. Es ist eine von vielen Fraueninitiativen im unruhigen Osten der Demokratischen Republik Kongo.
Masika ist streng mit ihren Schülerinnen, und mit sich selbst. Die Mutter von sieben Kindern musste hart kämpfen, bis ihr Mann erlaubte, dass sie arbeitet. Ein eigenes Einkommen, das ist für viele Frauen im Kongo mehr Vision als Wirklichkeit. Genau das will die künftige Bäckerin Denise Katunzu aber erreichen. Die 24-Jährige sitzt vor einem Kocher und versucht, die Holzkohle anzuzünden, auf der sie gleich Pfannkuchen braten wird. Wenn die Ausbildung zu Ende ist, will sie einen Straßenstand eröffnen und Krapfen verkaufen. Als Startkapital bräuchte sie 60 US-Dollar für Töpfe, Holzkohle, Mehl und andere Zutaten. Das Problem ist nur, dass Katunzu keinen Cent besitzt und keinen Kredit bekommt.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Ausbilderin Masika beobachtet, wie viel Wasser und wie viel Hefe die Schülerinnen in die Schüssel geben. Der Teig geht, doch Masika schimpft. »Selbst wenn die Frauen einen Mikrokredit bekommen und Geld verdienen, wird es in vielen Fällen der Ehemann, der Schwager oder sonst ein Mann kassieren«, so die 53-Jährige. »Wir müssen unsere Mentalität ändern.«
Die Lebensumstände für Frauen bessern sich nur langsam. Vergewaltigung dient Milizen, Soldaten und Polizisten noch immer als Waffe. Der kongolesische Friedensnobelpreisträger Dennis Mukwege fordert, die Täter endlich vor Gericht zu stellen. Dem haben sich kirchliche Organisationen in Deutschland angeschlossen. Zum Frauentag rufen sie Hausbesitzer auf, mit Plakaten dafür zu werben, dass die Bundesregierung auf Strafverfolgung im Kongo drängt.
Passy Mubalama, Gründerin von Aidprofen in Goma, berichtet von sexueller Nötigung auch bei der Arbeit oder in der Ausbildung. Sie musste ein Jahr an der Universität wiederholen und die teuren Studiengebühren nochmals entrichten, da ein Professor sie durch die Prüfung fallen ließ - weil sie Sex mit ihm ablehnte. »80 Prozent der Frauen im Ostkongo erfahren auch zu Hause Gewalt«, weiß Mubalama. Dazu zählt sie das Verweigern von Haushaltsgeld, Schläge, Vergewaltigung.
»Frauen müssen sich mehr einmischen, um die Gewalt zu beenden«, findet sie. Allerdings kann das unangenehm werden. Die 37-Jährige erinnert sich an den Tag, als sie mit anderen Aktivistinnen von einer Diskussion mit Mukwege über Frauenrechte kam. Der Mann einer Kollegin lauerte ihnen auf und verprügelte seine Frau auf offener Straße. Mubalama ging dazwischen und wurde mit Steinen beworfen. Aus Furcht vor ihrem Mann übernachtete die Kollegin im Hotelzimmer, das Mubalama für sich gebucht hatte. Am nächsten Morgen ließ der Ehemann die beiden verhaften. Der Vorwurf: Mubalama habe seine Frau zur Prostitution angestiftet.
Die kongolesische Gesellschaft ist zerrissen zwischen alter Tradition, wo der Mann über die Frau verfügt, und dem Bedürfnis junger Frauen nach Unabhängigkeit. Entsprechend wird Mubalama von manchen beschimpft und bedroht. »Du bist manipuliert von den Weißen«, werfen sie ihr vor. Andere beglückwünschen sie für ihr Engagement. Odile Bulumbula vom Innovationsnetzwerk RIO in Bukavu, die seit Jahren für Frauenrechte kämpft, ist zu der Überzeugung gelangt, dass »wir Verbündete unter den Männern brauchen«. RIO schickt deshalb Frauen und Männer von Hütte zu Hütte, damit sie geduldig erklären, wie eine gleichberechtigte Partnerschaft aussieht. »Es ist aber schwieriger, dafür Geld von den Gebern zu bekommen als für ein klassisches Frauenprojekt«, sagt sie.
Entmutigen lassen sich die Aktivistinnen nicht. »Kämpfen lohnt sich«, sagt Mubalama. Als sie verhaftet wurde, wehrte sie sich und kam schließlich mit der Kollegin frei. Immerhin verwarnte der oberste Polizeikommandant der Stadt den brutalen Ehemann.
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