Keine Muse

Thalia-Chef Michael Busch erdroht die Öffnung der Buchläden herbei

  • Fabian Hillebrand
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Muse Thalia sorgt in der griechischen Mythologie für leichte Unterhaltung und fröhliche Gelage. Vor allem Letztere fehlen uns allen, aber besonders wohl dem Chef des Thalia-Konzerns Michael Busch. Der Boss des Unternehmens, dessen Expansion kleine Buchläden im ganzen Land ruiniert, hielt vergangene Woche in einer Videokonferenz vor seinen Mitarbeitern eine überhaupt nicht fröhliche Wutrede: »Manche Politiker denken nicht weiter, als ein Schwein scheißt«, hob er lyrisch ab, um dann die Öffnung der Buchläden zu fordern. Sie sollten Druck auf die Politik ausüben, forderte er die mehr als 660 Angestellten auf. Das ZDF leakte die Ansprache einige Tage später. Kurz vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wolle man in den Wahlkampf eingreifen, falls die Politik nicht hören würde. »Wenn ihr nicht für die Öffnung entscheidet, dann werden wir euch nicht wählen«, so die Drohung, die Busch laut eigener Aussage auch gegenüber den Ministerpräsident*innen persönlich ausgesprochen hat.

Busch findet derlei durchaus legitim. Schließlich würden die Politiker mit ihrer Corona-Politik »Leute mit dem Rücken zur Wand stellen«. Ob der Mann, der 1995 als Mitglied der Geschäftsführung bei Thalia einstieg und seit 2016 deren Vorsitzender ist, damit sich selbst meint? Oder eher seine Angestellten, deren Löhne seit Jahresbeginn nicht mehr tarifgebunden sind, weil die Buchhandlungskette ein neues Vergütungssystem durchsetzen möchte. Dass dies zum Wohle der Beschäftigten ist, darf bezweifelt werden.

Eine Woche nach Buschs Wutrede sind die Buchläden wieder geöffnet. Die Begründung der Politik: Die Menschen bräuchten »Öffnungsperspektiven«. Angesichts von Umfragen, in denen sich 76 Prozent der Bürger gegen Lockerungen bei steigenden Infektionszahlen aussprachen, fragt sich, ob die Politik nicht eher Forderungen von Leuten wie dem offenbar größenwahnsinnigen Buchhändler erfüllte.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!