Endlich wieder Dauerwelle

Teil 14 unserer Serie über Menschen in Berufen, die die Coronakrise besonders trifft

  • Mischa Pfisterer
  • Lesedauer: 3 Min.

Er sei richtig glücklich, endlich wieder unter Menschen zu sein, sagt Krzysztof Frackiewicz. »Am Anfang war es ja auch mal schön, zu Hause zu sein und zu chillen, aber wir sind ja soziale Wesen und brauchen Kontakte zu anderen.« Hinter dem 20-jährigen Friseurlehrling liegt ein Jahr der Unsicherheit, ein Jahr mit Schließungen und Öffnungen und zwischendrin völlig unklaren Perspektiven.

Wie in ganz Berlin sind nun auch die Türen des Friseursalons »Figaro« an der Plesser Straße in Treptow seit vergangenen Montag mal wieder geöffnet. »Ich kann endlich wieder meine Kollegen sehen - und natürlich die Stammgäste«, berichtet Frackiewicz freudestrahlend. Haare waschen, schneiden, föhnen. »Der Beruf macht mir Spaß«, sagt er.

Krzysztof Frackiewicz
Der gebürtige Szczeciner lebt seit sechs Jahren in Berlin. 2018 begann er als Praktikant im Friseursalon »Figaro« in Berlin-Treptow. Inzwischen macht der 20-Jährige Spandauer eine Ausbildung zum Friseurmeister.

Vor sechs Jahren ist der gebürtige Szczeciner mit seiner Mutter und seinem Stiefvater nach Berlin gezogen. Heute lebt er zusammen mit seiner Oma in Spandau. »Hier in Deutschland geht es uns einfach viel besser mit Geld und Arbeit als in Polen«, sagt Frackiewicz. Ursprünglich wollte er im Spätkauf neben dem Salon arbeiten. »Mein Deutsch war ja noch so schlecht.« Dabei war Friseur schon immer sein Traumberuf. Ein Freund habe ihm dann Mut gemacht, einfach im benachbarten Salon anzufragen, ob er nicht trotz der Sprachbarrieren ein Praktikum machen kann. Er konnte.

Das ist jetzt drei Jahre her. Das Team von Geschäftsführerin Jördis Biele-Voigt war so zufrieden, dass aus dem Praktikum schließlich eine Ausbildung wurde. »Am Anfang war das richtig Stress für mich, vor allem wegen der Sprache. Ich hatte total Angst.« Unberechtigt, wie sich zeigte. Alles lief glatt. »Heute sind die Kollegen für mich wie meine zweite Familie.«

Seit über 25 Jahren gibt es den Salon im Treptower Karl-Kunger-Kiez. »Zu uns kommen Alte und Junge, Männer und Frauen«, berichtet der Lehrling. Der Salon selbst ist einer von der alten Schule. Hier wird noch mit Terminen gearbeitet. Die sieben Mitarbeiter*innen nehmen sich Zeit für die Kund*innen. »Es ist nicht so, dass wir den Kunden nur die Haare machen, sondern wir sprechen ganz viel und erfahren viel Privates. Eher so, wie es auch mit Freunden ist«, sagt er.

Dann kam Corona. Frackiewicz musste früh, noch vor der ersten Runde der Friseurschließungen Ende März 2020, in Quarantäne. Seine beste Freundin hatte Covid-19. Sein Test sei zum Glück negativ ausgefallen. Die Freude währte nicht lange. Kurz darauf hieß es: Körpernahe Dienstleistungen sind verboten. »Ich hatte große Sorgen, wie es weitergeht, ja, ob wir überhaupt noch mal aufmachen werden.« Aber es ging weiter. Anfang Mai durften Friseursalons wieder öffnen. Zunächst eine extrem stressige Zeit, erinnert sich Frackiewicz. »Hygienekonzepte, Mundschutz und der ganze Kram - und jeder wollte so schnell wie möglich ein Termin.« Bei der erneuten Öffnung vor einer Woche lief es besser. »Wir haben ja jetzt schon viel Erfahrung damit.«

Bei aller Freude über das wiedergewonnene Stück Normalität treiben den angehenden Friseurmeister aber nach wie vor Sorgen um. Wie es mit seiner Ausbildung weitergehen wird, weiß er bis heute nicht. »Wir haben momentan einmal die Woche online Schule. Da bekommen wir dann Arbeitsblätter«, berichtet Frackiewicz. Eigentlich hätte er noch im März eine Zwischenprüfung ablegen sollen. »Aber wir wissen überhaupt nicht, wann die sein soll.« Von den Lehrer*innen käme gar nichts. Kontakt zu seinen Mitschüler*innen hält er über eine WhatsApp-Gruppe.

»Ich würde so gern mal wieder etwas mit Freuden unternehmen - ins Kino gehen oder auf eine Party«, sagt er. Immer nur mit der Familie zu sein, sei ja auch irgendwann anstrengend.

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