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Man braucht mehr als die reine Ästhetik

Zum Tod des Schauspielers Heinz Klevenow, der in Senftenberg das Theater gerettet hat

  • Gerd-Rüdiger Hoffmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Schauspieler, Regisseur und frühere Intendant der Neuen Bühne Senftenberg, Heinz Klevenow ist tot. Er starb am 4. März im Alter von achtzig Jahren. Er wurde am 28. August 1940 als Sohn der Schauspielerin Marga Legal und des Schauspielers, Hörspiel- und Synchronsprechers Heinz Klevenow in Prag geboren. Sein erstes Engagement führte ihn nach Weimar, wo großes Theater und Provinzialität auf sehr spezifische Weise aufeinandertrafen. Es folgten Stendal, Senftenberg und Halle, dann Leitungsfunktionen in Halle (am Puppentheater), Rudolstadt und Rostock. Schließlich wurde Klevenow 1989 Intendant am Theater in Senftenberg, das zu dieser Zeit noch Theater der Bergarbeiter hieß.

Als Schauspieler hat Klevenow große Rollen gespielt, Nathan, Faust und Hamlet. Besonders beeindruckte er mit seinem herausragenden Spiel in Einpersonenstücken, - zuletzt in »Judas« von Lot Vekemans.

1989 waren jedoch noch ganz andere Qualitäten gefragt. Die Kulturbürokratie der neu anbrechenden Zeit hatte wohl keine Vorstellung davon, warum es in einer Kleinstadt weiterhin ein Theater geben sollte. »Ich war immer Realist. Das Kapital hat sich nie darum gekümmert, ob Kultur aufs Land kommt. Wer würde das Theater in Zukunft bezahlen? Es würde keine kulturpolitische Aufgabe mehr geben«, so schrieb Heinz Klevenow 2006 aus Anlass des 60. Jahrestages der Gründung des Senftenberger Theaters. Notgedrungen wurde zum Markenzeichen des Intendanten Durchsetzungsvermögen, ja eine gewisse Härte, um das Theater unter kapitalistischen Bedingungen in der Provinz am Leben zu erhalten.

Und doch waren da auch Empfindsamkeit und Mitgefühl beim Gestalten des Spannungsverhältnisses von Kunst und ästhetischer Bildung auf der einen und Marktkonformität auf der anderen Seite. Schließlich ging es auch um die Existenz von Menschen, um die Zukunft der Schauspielerinnen und Schauspielern sowie des technischen Personals. Es war eine harte Zeit, nicht ohne schmerzhafte Eingriffe. Klevenow schaffte es, sich erfolgreich mit den neuen Rahmenbedingungen herumzuschlagen, die eigenen Leute zu motivieren, die Kassenwarte und Bürokraten weitgehend ruhigzustellen und es sich nicht mit dem Publikum und vor allem mit den Feingeistern unter ihnen zu verderben.

Klevenow war ein guter Intendant, der das Weiterleben des Theaters immer wieder neu ermöglichte, auch wenn drohend von »veränderten Erwartungen«, »wachsendem Legitimationsdruck« und dem »demografischen Faktor« die Rede war. Ästhetischer Anspruch allein genügte nicht. Auch Schläue war gefragt. Und Glück gehörte auch dazu. Ein solcher Glücksfall war, dass Gardeoberst Iwan D. Soldatow 1946 im Befehlston die Idee äußerte, dass nach der Nazibarbarei in dieser Stadt ein Theater zu gründen sei. Klevenow konnte deshalb mit dem Satz kommen: Ein in Hungerzeiten gegründetes Theater schließt man nicht in Zeiten des Überflusses.

Heinz Klevenow wird als Retter des Senftenberger Theaters in die Geschichte eingehen. Ab 2004 war er nicht mehr Intendant, bestimmte jedoch in zahlreichen Rollen das Profil des Hauses weiterhin entscheidend mit. Seinen Nachfolgern, Sewan Latchinian und Manuel Soub᠆eyrand, hatte er ein solides Fundament für eine erfolgreiche Weiterarbeit des legendären Senftenberger Theaters hinterlassen.

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