Die Universität steht still

Studiengebührenstreik an der Columbia Hochschule in New York

  • Johanna Soll, Boulder, Colorado
  • Lesedauer: 3 Min.

Normalerweise streiken Arbeiter*innen, um durch vorübergehende Niederlegung der Arbeit eine Lohnerhöhung und bessere Arbeitsbedingungen zu erreichen. Beim derzeitigen Studiengebührenstreik an der Columbia Universität in New York City verhält es sich dagegen anders: Die Studierenden streiken unter anderem mit dem Ziel, eine Reduzierung der Studiengebühren an der Eliteuniversität während der Pandemie zu erreichen.

Einige US-Universitäten holen ihre Studierenden auf den Campus zurück, wohingegen die Columbia coronabedingt überwiegend Online-Kurse anbietet und nur für einen Teil der Studierenden vorsieht, auf dem Campus zu leben und an Präsenz-Kursen teilzunehmen. Aufgrund dessen sehen es mehr als 1000 Studierende nicht ein, die Studiengebühren in voller Höhe zu zahlen und fordern von der Universität, ihre Gebühren vorübergehend zu senken. Der Studiengebührenstreik an der Columbia University wird hauptsächlich vom Campus-Ortsverband der Young Democratic Socialists of America (YDSA) organisiert. »Die Columbia hat immer wieder die Bedürfnisse und Forderungen ihrer Studierenden ignoriert. Daher ist der jetzige Streik als Maßnahme notwendig«, sagt Willem Morris gegenüber »nd«. Morris, 23, studiert Geschichte und ist einer der Co-Vorsitzenden der YDSA. Nach seinem Abschluss möchte er für eine Gewerkschaft arbeiten.

Dabei verlangen die Streikenden nicht nur eine Reduzierung der Studiengebühren und eine Erhöhung der Ausbildungsförderung um jeweils zehn Prozent, sondern haben weitere Forderungen an die Universität: ein Ende ihrer Expansion innerhalb und ein Stopp der Gentrifizierung von West Harlem, dem Hauptcampus der Columbia University; eine Mittelkürzung für die Universitätspolizei; eine bessere Behandlung schwarzer Studierender; bessere Arbeitsbedingungen für Doktorand*innen.

»Der Streik hat bereits wichtige Zugeständnisse seitens der Columbia erreicht«, so Willem Morris, »er hat jedoch auch darüber hinaus größere Auswirkungen. Mehr als 15 Studierendenorganisationen an anderen Universitäten haben mit uns zusammengearbeitet, um Studiengebührenstreiks für das kommende Herbstsemester zu planen. Der Studiengebührenstreik an der Columbia gibt den Studierenden ein wichtiges Machtinstrument, um in einer Zeit etwas zu ändern, in der der Status quo in der Hochschulbildung nicht akzeptabel ist.«

Ein Beispiel für pandemiebedingt reduzierte Studiengebühren ganz ohne Streik gibt es bereits: Das Williams College in Massachusetts wird die Studiengebühren für das akademische Jahr 2020/2021 um 15 Prozent senken. An der Columbia betragen die Studiengebühren bis zum Bachelor-Abschluss für ein akademisches Jahr knapp 59 000 Dollar. Nach Schätzung der Universität belaufen sich die Gesamtkosten für ein Jahr auf 80 000 Dollar, wenn Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Lehrmaterial berücksichtigt werden. Damit ist die Columbia die teuerste Universität der USA und generiert entsprechend hohe Einnahmen: Die Columbia verfügt über ein Stiftungsvermögen von mehr als elf Milliarden Dollar und verzeichnet während der Pandemie bisher Gewinne von mehr als 300 Millionen Dollar.

In einer Stellungnahme der Universität zum Studiengebührenstreik heißt es: »Dies ist ein Moment, in dem eine aktive Neubewertung des Status quo verständlich ist und wir von unseren Studierenden nichts weniger erwarten. Ihre Stimmen werden von der Universitätsleitung gehört und ihre Ansichten zur Stärkung der Universität begrüßt.« Dies hält die Columbia jedoch nicht davon ab, Verzugskosten in Höhe von 150 Dollar pro streikender Person geltend zu machen; laut Willem Morris eine Vergeltungsmaßnahme der Universität. Die YDSA hat daher ihren Forderungskatalog um die Stornierung der Verzugskosten ergänzt. »Wir werden den Streik fortsetzen«, so Morris, »bis all unsere Forderungen erfüllt sind beziehungsweise solange bei unseren wiederkehrenden Abstimmungen die Mehrheit für die Fortsetzung stimmt.«

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.