Richter lässt weiteren Anklagepunkt zu

Ex-Polizist muss sich nun auch für einen möglichen Mord dritten Grades vor Gericht verantworten

  • Lesedauer: 3 Min.

Minneapolis. Der Richter im Prozess um den Tod des Afroamerikaners George Floyd im US-Bundesstaat Minnesota hat einen weiteren Anklagepunkt gegen den Hauptangeklagten, den weißen Ex-Polizisten Derek Chauvin, zugelassen. Der Richter Peter Cahill erklärte am Donnerstag im Gericht in Minneapolis, dass er einem Antrag der Staatsanwaltschaft stattgebe, Chauvin auch Mord dritten Grades zur Last zu legen. Darauf stehen bis zu 25 Jahre Haft.

Die juristische Auseinandersetzung um die Zulassung des Anklagepunkts drohte den Beginn des Hauptverfahrens zu verzögern. Nun deutet alles darauf hin, dass es wie geplant am 29. März beginnt. Cahill hatte den Antrag der Staatsanwaltschaft ursprünglich abgelehnt, Chauvin auch Mord dritten Grades anzulasten. Ein Berufungsgericht hatte aber am Freitag erklärt, dass der Richter die Anklage zulassen sollte. Am Mittwoch lehnte das oberste Gericht des Bundesstaates einen Antrag von Chauvins Anwälten gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts ab.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Der 46-jährige Floyd war am 25. Mai 2020 in Minneapolis bei einer brutalen Festnahme ums Leben gekommen. Videos haben unter anderem dokumentiert, wie insgesamt drei Polizeibeamten Floyd auf der Straße zu Boden drückten. Chauvin presste sein Knie rund acht Minuten lang in Floyds Hals, während dieser flehte, ihn atmen zu lassen. Floyd verlor der Autopsie zufolge das Bewusstsein und starb.

Chauvin, der nach dem Vorfall entlassen worden war und später auf Kaution freikam, muss sich neben Mordes dritten Grades auch wegen Mordes zweiten Grades ohne Vorsatz vor Gericht verantworten. Darauf stehen bis zu 40 Jahre Haft. Nach deutschem Recht entspräche dieser Anklagepunkt eher dem Totschlag. Chauvin wird zudem Totschlag zweiten Grades vorgeworfen, was mit zusätzlich 10 Jahren Haft geahndet werden könnte.

Die Erwartungen an den Prozess sind immens - Floyds Schicksal hatte in den USA mitten in der Corona-Pandemie monatelang zu Massenprotesten gegen Polizeigewalt und Rassismus geführt. Die Proteste erschütterten das Land in historischem Ausmaß. Auch in anderen Ländern der Welt, darunter in Deutschland, gingen Menschen gegen Rassismus auf die Straße. Viele Menschen in den USA hoffen auf ein Urteil, das ein Zeichen gegen Rassismus und Polizeigewalt setzt.

Nicht wegschauen
Linda Hentschel untersucht die Politik von Bildern der Gewalt

Im Gericht in Minneapolis ging am Donnerstag die zeitaufwändige Auswahl der zwölf Geschworenen und vier Ersatzkandidaten weiter. Neben Chauvin sind drei weitere am Einsatz gegen Floyd beteiligte Ex-Polizisten angeklagt, die aber in einem separaten Verfahren ab dem 23. August vor Gericht stehen. Ihnen wird Beihilfe zur Last gelegt. Auch ihnen könnten im Fall einer Verurteilung langjährige Haftstrafen drohen. dpa/nd

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!