BER will sich mit Milliardenhilfe abnabeln
Flughafengesellschaft: Mit Umstrukturierung und hohen staatlichen Zuschüssen ab 2025 aus der Krise
Dem Flughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt (BER) stehen stürmische Zeiten bevor. Am Freitag hat der Chef der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg (FBB), Engelbert Lütke Daldrup, dem Aufsichtsrat des Unternehmens die Karten auf den Tisch gelegt: Die FBB wird demnach in den nächsten Jahren auf weitere finanzielle Zuwendungen von den Gesellschaftern, den Ländern Berlin und Brandenburg sowie dem Bund in Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro angewiesen sein. Zudem muss sie umstrukturiert und auf eine solide finanzielle Basis gestellt werden, um künftigen Herausforderungen gewachsen zu sein. Das Finanzpaket zur «Ausfinanzierung der Coronakrise» ist 1,9 Milliarden Euro schwer - über die bisher vereinbarten Corona-Mittel hinaus. Zwar verfügt die Gesellschaft mit dem BER über einen gut funktionierenden Flughafen, bleibt selbst jedoch auf Jahre ein Sanierungsfall.
«Wir brauchen Hilfen zur Liquidität, um unsere laufenden Verpflichtungen begleichen zu können, und wir brauchen auch eine Teilentschuldung der Gesellschaft», sagte Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider im Anschluss an die Sitzung des Gremiums vor der Presse. Der Aufsichtsrat habe «einmütig» an die Gesellschafter appelliert, die Vorschläge der Geschäftsführung zur Restrukturierung zu unterstützen«.
Engelbert Lütke Daldrup erklärte: »Wir haben als Geschäftsführung dem Aufsichtsrat den Businessplan 2021 vorgestellt, der eine Revision des gerade ein Jahr alten Planes aus dem Jahr 2020 darstellt.« Die Verbindlichkeiten der Flughafengesellschaft beliefen sich auf insgesamt 4,5 Milliarden Euro, so Lütke Daldrup. In diesem Umfang habe man Kredite für das sechs Milliarden Euro teure Bauprojekt BER aufnehmen müssen. Zwar wäre es in normalen Zeiten durchaus machbar, die jährlichen Aufwendungen für Zinsen, Tilgung und Bürgschaften aus eigener Kraft zu stemmen, sagte er. Doch unter den derzeitigen Bedingungen werde die FBB diese Schulden nicht aus eigener Kraft in gewohnter Weise bedienen können. Um das Ziel, nach dem pandemiebedingten Einbruch des Luftverkehrs bis 2025 das Vor-Corona-Niveau von 36 Millionen Fluggästen wieder erreichen zu können, benötige die FBB von ihren Gesellschaftern bis dahin einerseits Liquiditätshilfen von insgesamt 800 Millionen Euro. »Und wir bitten die Gesellschafter, uns von den Fremdkapitalmitteln 1,1 Milliarden Euro Kredite abzunehmen«, fügte er hinzu.
»Wir gehen in diesem Jahr von etwa 10,7 Millionen Passagieren aus. Das sind nicht mal 30 Prozent von dem, was wir normalerweise in diesem Jahr erwartet hätten«, sagte Lütke Daldrup. Erst im zweiten Halbjahr 2021 rechne er mit einer einsetzenden Wiederbelebung des Flugverkehrs auch in Berlin. Ende September wird sich der BER-Chef dann selbst, wie er vor einer Woche angekündigt hatte, aus dem Unternehmen zurückziehen. Lütke Daldrup verwies nochmals auf das große Potenzial der Hauptstadtregion: 2019 hatten die Berliner Flughäfen selbst an den alten Standorten mit 36 Millionen Flugreisenden einen Rekord verbucht. Noch im Januar und Februar 2020 hatte sich der jahrelange Aufwärtstrend fortgesetzt.
»Wenn eine Teilentschuldung durchgeführt wird, werden wir Mitte bis Ende der 2020er Jahre in die schwarzen Zahlen kommen«, erklärte der Flughafenchef. »Das gemeinsame Ziel ist die möglichst zügige finanzielle Unabhängigkeit der FBB und damit, die Kapitalmarktfähigkeit zu erreichen. Je schneller bei uns eine finanzielle Normalität eintritt, desto besser kann der Flughafen dazu beitragen, dass die Hauptstadtregion zur wirtschaftlichen Prosperität zurückfindet.«
Sollte der BER 2025 wie erhofft wieder das Vor-Corona-Niveau erreichen, entstünden bis dahin Einbußen von 80 Millionen Passagieren wegen des Einbruchs im Luftverkehr. Das entspräche Einnahmeausfällen von 1,6 Milliarden Euro, sagte Lütke Daldrup. Als Konsequenz daraus hat sich die FBB einen rigiden Sparkurs auferlegt. Dazu zählt vor allem ein umfassender Investitionsstopp. »Wir haben in den nächsten fünf Jahren von den 500 Millionen Euro an geplanten Investitionen fast 400 Millionen gestrichen, also Investitionen um 80 Prozent gekürzt«, erklärte er. Ferner setzte man harte Einsparungen bei Dienstleistungsverträgen durch und senke - vor allem durch Stilllegungen - die Betriebskosten um ein Fünftel. Mit den Gewerkschaften habe man vereinbart, bis Ende 2025 ein Viertel des Personals sozialverträglich abbauen. Im laufenden Jahr befänden sich 1650 aller 2000 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Insgesamt will die FBB 2021 rund 90 Millionen Euro einsparen.
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