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Von Atheisten lernen
Claudia Krieg über Lockdown-Shopping kurz vor christlichen Feiertagen
Die christlichen Feiertage sind einfach ein Problem. Das ist für manche Atheist*innen nicht erst seit gestern so. Erst durch den langjährigen Kontakt mit christlich sozialisierten Menschen erschloss sich mir irgendwann einmal das Konzept Ostern: Am Karfreitag soll es still sein, weil da um den Sohn Gottes getrauert wird. Ostersonntag und -montag sind übrigens die höchsten christlichen Feiertage und nicht - wie häufig angenommen - Weihnachten, an dem nicht nur der Mann mit rotem Mantel mit Geschenken kommt, sondern auch das engelsgleiche Christkind. Vorher wusste man nur: Karfreitag darf nicht getanzt werden. Wurde dann aber doch. Dass am Montag nach dem Sonntagsspaziergang, bei dem bunte, hart gekochte Eier Böschungen runtergeworfen wurden - »Eiertrudeln« genannt -, alle Läden geschlossen sind und nicht gearbeitet wird, musste jedes Jahr von Neuem überraschend festgestellt werden. Kein Witz. Aber es gab auch keinen Stress mit irgendwelchen Festessen. Jetzt macht sich die dabei erworbene Flexibilität endlich bezahlt. Nach dem ganzen Lockerungs-Hin-und-Her eine kleine »Ruhepause« über Ostern? Nehmen wir hin. Spaghetti mit Tomatensoße gehen immer, und nach drei hart gekochten Eiern will man eh nicht mehr.
Der Sarkasmus bleibt einem schon im Hals stecken, wenn man dabei zusieht, wie der gleiche Fehler wie vor dem Weihnachts-Lockdown zum nächsten christlichen Fest neu aufgelegt wird: Unmengen von Menschen werden glauben, hektisch am Mittwoch und dann wieder am Samstag Unmengen Einkäufe erledigen zu müssen. Wer sich am Mittwoch noch nicht im Kaufland angesteckt hat, kann es dann am Samstag nachholen. Und wer Menschen zwingt, am letzten Tag des Monats noch für fünf kommende Tage einzukaufen, hat nicht begriffen, dass dies für Zehntausende ein riesiges Problem darstellt, weil zum Ende des Monats das Konto leer ist. Das hat nichts mit Fastenzeit zu tun, sondern mit Armut. Da schafft man doch besser die christlichen Feiertage ab. Ist weniger Stress. Kein Witz.
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