EU kritisiert und macht Geschenke

Die Zollunion mit der Türkei soll ausgeweitet werden.

  • Cyrus Salimi-Asl
  • Lesedauer: 3 Min.

Die EU-Mitgliedstaaten haben der Türkei weitgehende Angebote gemacht auf ihrem Video-Gipfel vom Donnerstag. Der türkischen Regierung gehen diese jedoch nicht weit genug. Sie kritisiert die Ergebnisse zu den künftigen Beziehungen zwischen der Türkei und der Europäischen Union. Man freue sich zwar über die Ankündigung, die Beziehungen auf Basis einer »positiven Agenda« fortführen zu wollen, teilte das türkische Außenministerium am Donnerstagabend mit. Aber die Botschaft an die Türkei sei »aus einer einseitigen Sicht und unter dem Einfluss der engstirnigen Anschuldigungen einiger weniger Mitgliedstaaten« formuliert worden. Kritisiert wurde zudem, dass künftige Schritte an Bedingungen geknüpft und Entscheidungen verschoben worden seien.

Dabei hat die EU umfangreiche Zugeständnisse gemacht: Die 27 Mitgliedsstaaten wollen die seit 1995 bestehende Zollunion mit der Türkei ausweiten - sozusagen als Belohnung für die Entspannung im Erdgasstreit mit Griechenland und Zypern. Dies könnte den Handel im Agrar- und Dienstleistungsbereich ankurbeln. Endgültige Entscheidungen sollen erst im Juni fallen. Dazu will die EU weiter Geld an die Türkei zahlen, damit diese die syrischen Flüchtlinge nicht weiter nach Europa lässt: Die EU-Kommission soll einen Vorschlag ausarbeiten für weitere Finanzhilfe zur Versorgung der 3,7 Millionen Syrien-Flüchtlinge in der Türkei. Jordanien und Libanon sollen auch berücksichtigt werden.

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben gegenüber der Türkei zwar auch Kritik geäußert und bezeichneten bei ihrem Gipfel am Donnerstag »gezielte Angriffe auf politische Parteien und Medien« als »schwere Rückschläge für die Menschenrechte«. Spürbare Folgen sollen diese Menschenrechtsverletzungen jedoch vorerst nicht haben.

So gab es viel Kritik, zum Beispiel aus dem Europaparlament. Anstatt »Solidarität mit der türkischen Bevölkerung und der demokratischen Opposition« zu üben, bereite die EU »einen neuen Pakt der Schande mit dem Erdogan-Regime« vor, schrieb Linken-Cofraktionschef Martin Schirdewan auf Twitter. »Absolut enttäuschend«, findet Linke-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow die Haltung von EU und Bundesregierung gegenüber der Türkei: »Es ist doch wirklich doppelzüngig, auf der einen Seite Rückschläge für die Menschenrechte in der Türkei zu kritisieren, aber gleichzeitig Staatspräsident Erdogan weitreichende Angebote in Sachen Zollunion zu machen.«

Hintermänner verurteilt im Hrant-Dink-Prozess

Das repressive politische Klima in der Türkei ist jeden Tag zu spüren. So sind am Freitag bei Studierendenprotesten in Istanbul erneut 52 Student*innen festgenommen worden. Diese hätten ihrerseits gegen Festnahmen vom Vortag demonstriert, sagte der Anwalt Gökhan Soysal der dpa.

Unterdessen hat ein Istanbuler Gericht am Freitag das Urteil gesprochen gegen Hintermänner der Ermordung des armenisch-türkischen Journalisten Hrant Dink vor 14 Jahren. Drei Angeklagte seien wegen vorsätzlichen Mordes zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt worden, so die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Weitere Haftstrafen wurden wegen Verstoßes gegen die Verfassung, Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation, fahrlässiger Tötung oder Dokumentenfälschung verhängt. Anwälte und Freunde Dinks kritisierten, der Prozess habe die Hintergründe nicht aufklären können. Reporter ohne Grenzen sagte, es hätten mindestens noch 20 weitere Staatsbeamte angeklagt werden sollen.

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