Neue starke Allianz oder »schallendes Piepen«?

PiS, Fidesz und Lega europäisch vereint - dazu trennt die Rechtsparteien zu viel

  • Stephan Fischer
  • Lesedauer: 3 Min.

»Es war gut, es war schön, es war aber auch genug« – so äußerte sich Ungarns Premier Viktor Orban, nachdem im März das Tischtuch zwischen der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament und seiner Fidesz-Partei endgültig zerschnitten war. Schon lange lag die Mitgliedschaft der ungarischen Partei in der EVP, der auch CDU und CSU angehören, auf Eis, Anfang März verließen die zwölf Fidesz-Abgeordneten die EVP-Fraktion im Streit, der Bruch war jedoch schon lange vorher erfolgt.

Orban richtete den Blick nach vorn: »Italien, Polen und Ungarn versuchen jetzt, die europäische Rechte neu zu organisieren«, sagte er im staatlichen Rundfunk. Am 1. April kam es in Budapest zum Treffen zwischen Viktor Orban, Mateusz Morawiecki und Matteo Salvini. Für Lega-Chef Salvini war dies zweifelsohne eine Aufwertung: Morawiecki und Orban sind unangefochtene Regierungsschefs ihres Staates, der Lega-Chef als früherer Innenminister ist derzeit nicht einmal Angehöriger der Regierung Draghi. Es war also kein Treffen unter Gleichen, auch wenn alle Drei vor allem die Gemeinsamkeiten betonten.

Dass diese aber eher allgemein formuliert waren, zeigte aber schon vorab, dass für eine tatsächliche gemeinsame Rechtsfraktion derzeit die Gräben zu groß scheinen. Die polnische PiS (Prawo i Sprawiedliwość, Recht und Gerechtigkeit) ist die stärkste Kraft in der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR). Die Lega wiederum ist in der Gruppe Identität und Demokratie (ID) beheimatet, zu der auch die deutsche AfD gehört. Die zwölf Fidesz-Abgeordneten sind derzeit fraktionslos. Ein Zusammenschluss von EKR, ID und Fidesz-Gruppe zu einer einzigen Fraktion ergäbe mit einem Schlag die zweitstärkste Abgeordnetengruppe im Europaparlament hinter der EVP. Dass so eine Gruppe zustande kommt, ist aber nicht sehr wahrscheinlich.

Auf »gemeinsame konservative Werte« könnten sich Lega, Fidesz und PiS einigen, hatte Salvini verkündet: »Arbeit, Wohlstand, Sicherheit, Familien und christliche Werte, auf denen Europa fußt«. Diese Werte würde wohl jede Rechtspartei in Europa für sich reklamieren – was sie konkret ausgelegt bedeuten, darüber wäre die Einigkeit wahrscheinlich nicht mehr so klar. dahin. Auf zwei Dinge könnten sich alle drei Parteien wahrscheinlich zusätzlich verständigen: Die Ablehnung von Migration und einer verstärkten europäischen Integration. Nur: In den Rechtsparteien in Europa insgesamt herrscht noch nicht einmal Einigkeit darüber, wie eine Europäische Union in ihrem Sinne aussehen könnte – geschweige denn, ob sie überhaupt weiter existieren solle. Aber auch in konkreten Politikfeldern bestehen völlig konträre Ansichten.

Ein Beispiel: Polens PiS-dominierte Regierung fährt einen strikten Anti-Russland-Kurs. Man setzt stark auf die Nato – und hierbei vor allem auf die USA, was sich auch in wiederholten Angeboten zur Truppenpräsenz niederschlägt. Die Gaspipeline Nord Stream 2 für Gas aus Russland lehnt sie strikt ab, in Świnoujście, fast in Sichtweite Rügens, sind die Flüssiggasterminals nicht zu übersehen, die auch mit US-Gas gefüllt werden kann. Die Lega hingegen vertritt eine pro-russische Politik: Sie fordert unter anderem die Aufhebung der Sanktionen, die im Zuge der russischen Annexion und Eingliederung der Krim verhängt wurde. Was vielleicht nicht wundert, steht doch die Lega immer wieder im Fokus, wenn es um Parteienfinanzierung aus Russland geht.

Wahrscheinlich geht es Orban derzeit vor allem darum, seine Fidesz-Fraktion im Europaparlament wieder an eine Fraktion anzubinden. Polens PiS macht aus alter Parteienverbundenheit, aber auch unter Berücksichtigung des besonderen polnischen -ungarischen Verhältnisses, mit – auch um sich weiterhin des gegenseitigen Rückenfreihaltens angesichts der diversen Konflikte mit der EU zu versichern. Wahrscheinlich wird tatsächlich keine neue starke Fraktion in Brüssel entstehen. Eine der letzten oppositionellen Tageszeitungen Ungarns, »Nepszava«, urteilt dann auch, Fidesz könne eine »neue Rechte« kreieren und »um ein paar namenlose Gruppierungen erweitern. Doch das schallende Piepen einer derartigen Formation wird kaum bis Brüssel zu vernehmen sein.«

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