US-Republikaner gegen »woke Unternehmen«?

Die Rhetorik von Republikanern wie Mitch McConnell gegen vermeintlich zu politisch korrekte Großkonzerne ist nur PR-Theater

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Es könne nicht sein, dass »woke Unternehmen als Parallelregierung agieren«, empört sich der Republikaner und Minderheitenführer im US-Senat Mitch McConnell. Doch weder ist der Republikaner zum Marxisten geworden und hat erkannt, wer eigentlich im Hintergrund mehr Macht hat als gewählte Volksvertreter, noch ist die Empörung der US-Konservativen über Großunternehmen ehrlich, sein Statement ist vielmehr nur ein PR-Manöver.

Was ist passiert? Die Major League Baseball (MLB) hat angekündigt, dem Bundesstaat Georgia das prestigeträchtige All-Star-Spiel in diesem Sommer wieder zu entziehen, nachdem die Republikaner dort mit einem neuen Gesetz zahlreiche Wahlrechtseinschränkungen verabschiedet haben. So ist es etwa in Zukunft verboten, wartenden Wählern in einer Schlange vor dem Wahllokal Wasser zu reichen.

Die Ankündigung von McConnell und anderer Republikaner, dass könne »Konsequenzen« für Unternehmen haben, ist genau so wenig ernst zu nehmen, wie das vordergründig politisch korrekte Verhalten des im Staat beheimaten Großkonzerns Coca Cola und von anderen Unternehmen, die das Gesetz in Georgia erst unterstützten und sich dann unter dem Druck von Demokraten und Aktivisten dagegen stellten, teils erst nach der Verabschiedung im Staatsparlament.

Auch nach der Stürmung des US-Kapitols Anfang Januar hatten einige Konzerne erklärt, keine Wahlkampfspenden mehr an Republikaner-Abgeordnete zu zahlen, die gegen die Zertifizierung des Wahlergebnisses und des Sieges von Joe Biden gestimmt hatten. Wenige Wochen später änderten bereits einige Unternehmen still und heimlich ihre Entscheidung wieder, nachdem sich die erste Empörungswelle gelegt hatte.

In mehr als zwei Dutzend Staaten bereiten die Republikaner derzeit Gesetze zu weiteren Wahlrechtseinschränkungen vor. Unter Berufung auf die »große Lüge« von Donald Trump, es habe im November 2020 massiven Wahlbetrug zu seinen Ungunsten gegeben, damit der nächste Trump nicht mehr an der Wahlurne besiegt werden kann und zur Festigung der weißen Minderheitenherrschaft gegen die Reform- und Umverteilungsansprüche jüngerer, diverserer und linkerer Wähler.

Trotz etwas PR-Klamauk: Das Nebeneinander des Bedienens der Interessen der Großkonzerne und der rassistischen Vorurteile weißer Wähler bei den Republikanern wird weitergehen, vielleicht etwas weniger glatt. Aber: Schon Trumps Rhetorik etwa gegenüber Facebook oder Amazon war zwar oppositionell, doch seine Politik die eines klassischen wirtschaftsliberalen Republikaners.

Dass den Republikanern die Erhaltung der rassistischen Weißenvorherrschaft wichtiger wird, als die Erhaltung von guten Beziehungen mit den Großkonzernen und deren Spendengelder ist nicht zu befürchten. Die Wirtschaft selbst profitiert vom Status Quo niedriger bis nicht existenter Besteuerung und geringer politischer Regulierung in den USA und wird die Unterstützung der Republikaner angesichts dessen nicht aufgeben. Vielleicht wird die Beziehung zwischen Partei und Wirtschaft etwas rumpeliger, das ist alles.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.