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Schulen in Berlin bleiben weiter offen
Senat hält an bisherige Schulöffnungsstrategie fest, demnächst sollen auch die Siebt- bis Neuntklässler zurückkehren
Trotz des dynamischen Infektionsgeschehens in der Stadt hält der Berliner Senat auch nach den Osterferien im Wesentlichen an seiner bisherigen Schulöffnungsstrategie fest: Für die Grundschüler und die Jahrgangsstufen 10 bis 13 bleibt es auch ab kommenden Montag beim Wechselunterricht in halbierter Klassengröße, die Präsenzpflicht ist weiterhin ausgesetzt. Das gab Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Donnerstag im Anschluss an die Senatssitzung bekannt. Zugleich kündigte sie an, dass voraussichtlich ab 19. April auch die bislang ausgesparten über 83.000 Berliner Siebt-, Acht- und Neuntklässler in die Schulen zurückgeholt werden sollen.
Ebenfalls ab übernächsten Montag sollen an den Schulen zudem zwei Coronatests pro Woche verpflichtend werden. Anders als in Brandenburg – wo sich Schüler zu Hause testen (lassen) sollen und die vermeintliche »Testpflicht« auf eine Art Selbsterklärung hinausläuft, das Ergebnis sei negativ (»nd« berichtete) – plant Berlin, entsprechende Testungen in den Schulen selbst durchführen zu lassen. Die Bildungsverwaltung begründete das Vorgehen damit, dass sich so »die Inanspruchnahme und die Verlässlichkeit der Tests« sicherstellen ließe. Scheeres erklärte, ihr sei bewusst, dass die neue »Teststrategie unsere Schulen vor weitere Herausforderungen stellt«.
Zur Rückkehr der Siebt- bis Neuntklässler teilte die Bildungsverwaltung mit, dass in eineinhalb Wochen »der diesjährige Abiturjahrgang nicht mehr in der Schule präsent ist«, wodurch in den weiterführenden Schulen zunächst nur »relativ wenige« Schülerinnen und Schüler anwesend wären. Tatsächlich haben zum anvisierten Start des Wechselunterrichts für die Mittelstufen die Abiturienten ihren letzten regulären Schultag bereits hinter sich und müssen nur noch zu den Prüfungen in die Schulen kommen. Gleichwohl bleibt etwas rätselhaft, weshalb die Senatsverwaltung von weitgehend leeren Schulgebäuden ausgeht, wenn eine von bis zu sieben Jahrgangsstufen außen vor bleibt.
In der Frage, ob überhaupt und wenn ja, in welchem Umfang die Schulen am Montag wieder öffnen sollten, ging und geht dem Vernehmen nach ein Riss durch die rot-rot-grüne Koalition, aber auch innerhalb der Fraktionen herrscht wohl keineswegs Einigkeit. Als Kritikerin des jetzigen Kurs-Haltens gilt nicht zuletzt die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Regina Kittler. Angesichts der zuletzt deutlich gestiegenen Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus hatte die Bildungsexpertin im Vorfeld der Senatsberatungen vor einem Weiter-so gewarnt. »Meine Erwartung ist, dass die Schulen ab Montag erst einmal wieder in den Distanzunterricht gehen«, so Kittler am Mittwoch zu »nd«. Dementsprechend enttäuscht reagierte sie nach dem Senatsbeschluss: »Die Öffnung der Schulen finde ich nach wie vor falsch und ich befürchte steigende Inzidenzen. Sehr gern würde ich nicht recht behalten«, schrieb Kittler auf Twitter.
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nannte das Festhalten an der bisherigen Strategie eine Fehlentscheidung. »Wir sind enttäuscht, dass auf die aktuelle Entwicklung keine Rücksicht genommen wird«, sagte Berlins GEW-Chef Tom Erdmann der Deutschen Presse-Agentur. Unverständlich sei der Schritt auch und vor allem, weil Lehrkräfte an weiterführenden Schulen in absehbarer Zeit keine Aussicht auf eine Impfung hätten. »Wir haben gefordert, nach den Ferien bei einer Sieben-Tage-Inzidenz über 100 nur Distanzunterricht anzubieten«, so Erdmann.
Bildungssenatorin Scheeres verwies derweil auf das baldige Pflichttesten vor Ort: »Mit der Anpassung der Teststrategie wollen wir erreichen, dass unsere Schülerinnen und Schüler das Recht auf Bildung im Wechselunterricht gut und möglichst sicher wahrnehmen können. Auch die Lehrkräfte und das gesamte Dienstpersonal an Schulen werden somit besser geschützt.« Mit der neuen Testpflicht käme ihr Haus »zahlreichen Forderungen aus der Schulöffentlichkeit und von Gewerkschaftsseite« entgegen. Die eigentliche Forderung der Gewerkschaft – nämlich die Anwesenheitspflicht für die Beschäftigten auf Geimpfte zu beschränken – ließ sie freilich unberücksichtigt.
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