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Ladeinfrastruktur kommt auf Touren
Die Möglichkeiten, Elektroautos zu laden, sind in der Region auf einem neuen Level angelangt
Der Brief von Tesla befeuert die Debatte über die Rolle der Elektromobilität. »Wenn Deutschland seine Führungsposition behalten und seine Klimaziele erreichen will, muss es diese Schwäche dringend beheben und ein schnelles Genehmigungs- und Raumplanungsverfahren für nachhaltige Projekte und die dafür notwendige Infrastruktur schaffen«, hieß es jüngst in einem Schreiben des US-amerikanischen Elektromobilherstellers an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg. Darin beklagt der Konzern wortreich die langwierigen Genehmigungsverfahren für seine geplante sogenannte Gigafactory in Grünheide (Oder-Spree). Voraussichtlich bis zu 500 000 Elektroautos will der US-Konzern pro Jahr in Grünheide vom Band laufen lassen – wenn alles so klappt, wie es sich der Konzerneigner Elon Musk vorstellt.
Bei aller berechtigen Kritik an Tesla und der Umweltverträglichkeit seiner neuen Fabrik und der Batterieherstellung dürfte sich durch die Ansiedlung dennoch in naher Zukunft die Zahl der Elektroautos in der Hauptstadtregion weiter deutlich erhöhen. Bereits jetzt stehen die Autokäufer in Berlin der Elektromobilität besonders offen gegenüber. Zuletzt hatte jedes sechste neu zugelassene Pkw entweder ausschließlich einen Batterieantrieb oder zusätzlich zum Verbrennungsmotor einen Elektromotor mit Stecker, wie es heißt. Das geht aus den neuesten Zahlen des Kraftfahr-Bundesamtes hervor. Der Boom der Elektromobilität wird aktuell durch Subventionen des Bundes und der Hersteller weiter verstärkt. So gibt es für beide Antriebsarten Bezuschussungen in Form von Kaufprämien in Höhe von mehreren Tausend Euro.
Die neue Begeisterung an der Elektromobilität dürfte aber auch mit der inzwischen stark verbesserten Ladesäuleninfrastruktur vor allem in Berlin zu tun haben. Denn nach jüngsten Erhebungen ist die Hauptstadt deutschlandweit die Stadt mit den meisten Ladesäulen für Elektroautos. Zuletzt – Stand Ende Februar 2021 – gab es 1694 Ladestationen. Damit sind seit Dezember 2019 720 Ladestationen hinzugekommen. Die Statistik hat der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDWE) am vergangenen Freitag vorgelegt. Bundesweit gibt es rund 40 000 öffentlich zugängliche Ladepunkte, rein private Punkte zählte der Verband nicht. Trotz des Zuwachses zeigt sich der Bundesverband dennoch nicht zufrieden: »Für den massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur brauchen die Betreiber Planungssicherheit. Ständige neue Vorgaben für technische, aber nicht notwendige Nachrüstungen – wie aktuell bei der Ladesäulenverordnung diskutiert – machen den Betrieb der Ladesäule unwirtschaftlich«, erklärte Kerstin Andreae, die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Wie auch Tesla fordert auch BDWE eine schnellere und unbürokratischere Bereitstellung von Flächen für neue Ladestationsstandorte.
Aus der Verwaltung der Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) heißt es auf nd-Nachfrage: »Berlin hat von Beginn an konsequent darauf gesetzt, dass alle Ladepunkte im öffentlichen/halböffentlichen Raum mit jedem herkömmlichen Ladekabel und unabhängig vom Betreiber/Energieanbieter nutzbar sind – das ist besonders nutzerfreundlich und aus unserer Sicht auch geboten für Ladeinfrastruktur auf öffentlichem Straßenland.« Klar sei aber auch, so der Pressesprecher der Senatorin, dass man auf die Entwicklung zu reagieren habe. Kurzfristig, heißt es, also 2021 und 2022, sei die Errichtung weiterer Ladestandorte im öffentlichen Raum unter anderem im Rahmen der Forschungsprojekte »ElMobileBerlin« und »Cities in Charge« geplant. Allein bei »ElMobileBerlin« sollen bis zum Projektende (September 2022) bis zu 1000 Laternenladepunkte in den Bezirken Steglitz-Zehlendorf und Marzahn-Hellersdorf aufgebaut werden.
Am Stadtrand sieht auch der Klimaschutzexperte der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Michael Efler, deutlich mehr Handlungsbedarf. Zwar sei es erfreulich, »dass Berlin die Stadt mit den meisten öffentlichen Ladepunkten in Deutschland ist«. Das reiche jedoch nicht aus. »Die Ladeinfrastruktur gerade in den Außenbezirken muss weiter ausgebaut werden«, sagt Efler zu »nd«. Darüber hinaus brauche es eine transparentere und verbraucherfreundlichere Handhabung. Efler weiß, wovon er redet, vor einiger Zeit hatte er sich selber mit dem Thema Elektrofahrzeuge auseinandergesetzt und war dabei unter anderem auf die Schwierigkeit gestoßen, in Berlin öffentlich zugängliche Ladesäulen zu finden. Die Angst, keine geeigneten Ladepunkte zu finden, zählt laut Experten zu einem der größten Hemmnisse, warum nicht mehr Verbraucherinnen und Verbraucher ihren Verbrenner gegen ein Elektroauto eintauschen.
In Berlin stehen Unternehmen zur Verfügung, um weitere Ladepunkte zu errichten und das Stromnetz für die Zukunft zu ertüchtigen. Allen voran ist das der aktuelle Betreiber der Infrastruktur, die Vattenfall-Tochter Stromnetz Berlin. Deren Geschäftsführer Thomas Schäfer legte unlängst bei der Jahrespressekonferenz dar, welche weiteren weitere Maßnahmen der Netzbetreiber zur Förderung der Elektromobilität ergreifen will. Ein Schwerpunkt ist demnach die sogenannte notwendige Netzintegration der Ladeinfrastruktur. »Berlin will ein attraktiver Ort für Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur sowie für seine Gäste und Bewohner bleiben. Dies erfordert ein modernes und leistungsfähiges Stromnetz. Daran arbeiten die rund 1350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens jeden Tag«, erklärte Schäfer vor Kurzem auf der Jahrespressekonferenz. Der Stromnetz Berlin sind sogar 3394 Ladepunkte für E-Autos in der Hauptstadt bekannt.
Ein vergleichsweise neuer Player für den Betrieb der Ladesäuleninfrastruktur für die Elektromobilität in der Hauptstadt könnten die Berliner Stadtwerke werden. Das Tochterunternehmen der Berliner Wasserbetriebe, das sich mit eigenen Windkraftanlagen und Solarprojekten immer mehr zum Erzeuger erneuerbarer Energien mausert , bekundet ebenfalls Interesse am Betrieb von Ladesäulen. »Wir treiben die Energiewende durch Projekte für das Land Berlin voran«, sagte der Vorstandschef der Berliner Wasserbetriebe, JörgSimon, am vergangenen Donnerstag.
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