- Wirtschaft und Umwelt
- Baubranche
Jobrisiko Sonne
Schäden durch UV-Strahlen sind in der Baubranche die häufigste Berufskrankheit
Wohl jeder Mensch freut sich hierzulande auf den nahenden Frühling, auf wärmende Sonnenstrahlen an der frischen Luft. Das belebt den Stoffwechsel und fördert allgemein das Wohlbefinden. Doch die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU) blickt auch mit Sorge auf diese Jahreszeit. Denn der Frühling bringt auch mit sich, dass gerade Menschen, die viel im Freien arbeiten, einer deutlich höheren UV-Strahlung ausgesetzt sind, was sich in vielerlei Hinsicht negativ auf die Gesundheit auswirken kann. Dabei geht es nicht nur um einfache Hautirritationen, sondern auch um Augenschäden und im schlimmsten Fall um Hautkrebs, die am häufigsten bei der BG BAU angezeigte Berufskrankheit. In enger Kooperation mit Betrieben, Verbänden und den Gewerkschaften will die Berufsgenossenschaft jetzt zum Saisonstart erneut eine große Aufklärungskampagne starten und Präventionskonzepte präsentieren.
Das ist auch dringend nötig, wie aus den am Dienstag vorgestellten Zahlen hervorgeht. 2020 gab es in der Branche 2800 Verdachtsanzeigen und 2200 anerkannte Fälle. Zu den besonders betroffenen Berufsgruppen der Branche gehören Straßenbauer, Dachdecker, Kanalbauer und Hochbauer. Immerhin: Gegenüber 2019 ist das ein Rückgang, was die BG BAU vor allem auf verbesserte Prävention zurückführt. So gab es im vergangenen Jahr 71 000 Beratungen und Untersuchungen. Bernhard Arenz, Leiter der Hauptabteilung Prävention der BG BAU, betont auch, dass man die Befugnis habe, Kontrollen durchzuführen und Schutzmaßnahmen anzuordnen, wenn es Hinweise auf Verstöße gegen den Arbeitsschutz gebe. Denn Schutzmaßnahmen obliegen nicht dem »guten Willen« der Unternehmer, sondern ergeben sich zwingend aus dem Arbeitsschutzgesetz.
Im zugehörigen Paragrafen heißt es: »Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Er hat die Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen und erforderlichenfalls sich ändernden Gegebenheiten anzupassen (…) Kosten für Maßnahmen nach diesem Gesetz darf der Arbeitgeber nicht den Beschäftigten auferlegen«. Das gelte auch für spezielle Schutzkleidung und geeignete Sonnenschutzcreme, betont die BG BAU. Zudem sind Arbeitgeber verpflichtet, Beschäftigten mit regelmäßiger UV-Belastung von einer Stunde oder mehr pro Tag, eine arbeitsmedizinische Vorsorge durch einen dafür qualifizierten Arzt anzubieten. Die Intensität der UV-Strahlung wird mit einer Skala von 0 bis 9 erfasst. Bereits ab einem Wert von 3, der bereits in den Morgenstunden auftreten kann, sind einfache Schutzvorkehrungen notwendig. In der Kernzeit zwischen 11 und 16 Uhr treten häufig hohe bis sehr hohe UV-Belastungen aus. Was vielen Menschen nicht bewusst ist: Das ist auch an kühleren Tagen und bei wolkigem oder bedecktem Himmel der Fall.
Zu den Präventionsmaßnahmen gehört eine Bauwetter-App, die die aktuelle und zu erwartende UV-Belastung standortgenau anzeigt. Sind Belastungen in »roten Bereich« zu erwarten, müssen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz der Kollegen ergriffen werden. Das sind zum einen organisatorische Eingriffe wie Vorverlegung des Arbeitsbeginns, rotierender Einsatz zwischen Tätigkeiten mit und ohne UV-Belastung und Pausenmöglichkeiten in schattigen Bereichen. Zu den technischen Präventionsmaßnahmen gehören temporäre Überdachungen von Arbeitsplätzen etwa durch Sonnensegel oder Wetterschutzzelte.
Doch auch das kann individuelle Schutzmaßnahmen nicht ersetzen. Das betrifft vor allem geeignete Kleidung zur Abdeckung besonders gefährdeter Stellen. Eine wichtige Rolle spielt auch die sachgemäße Anwendung von Sonnenschutzmitteln mit hohen Schutzfaktoren. Zwar seien die Zeiten, in denen Bauarbeiter bei großer Hitze gerne mit freiem Oberkörper agierten, weitgehend vorbei, so Arenz. Aber es bleibe eine permanente Aufgabe der Betriebsgenossenschaft, der Unternehmen und der Gewerkschaften, das Bewusstsein für den Gesundheitsschutz bei den einzelnen Mitarbeitern zu schärfen.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.