Berlin-Spandau: Erneut Brandanschlag auf linkes Hausprojekt

Mutmaßlich Neonazis zünden im Hof der Jagowstraße 15 in Berlin-Spandau zwei Autos an

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

Vor einem linken Hausprojekt in Spandau ist es erneut zu einem mutmaßlich rechtsextremem Brandanschlag gekommen. Wie die Polizei am Montag mitteilte, bemerkte am Sonntagabend gegen 22.20 Uhr eine Bewohnerin der Jagowstraße 15 Flammen an zwei Fahrzeugen im Innenhof des Gebäudes und alarmierte die Feuerwehr. Auf einem Bild des Brandes, das die Bewohner*innen im Internet veröffentlichten, sind meterhohe Flammen direkt neben dem Wohngebäude zu sehen. Der Feuerwehr gelang es, den Brand zu löschen, verletzt wurde niemand. Laut Polizei wurden der hölzerne Carport, ein angrenzender Schuppen sowie die beiden Autos fast vollständig zerstört. Da ein politischer Hintergrund nicht ausgeschlossen werden könne, habe der Staatsschutz die Ermittlungen übernommen.

Zweiter Anschlag innerhalb weniger Tage

Es ist bereits der zweite Brandanschlag auf das linke Hausprojekt innerhalb weniger Tage. Bereits in der Nacht vom 9. zum 10. April zündeten Unbekannte Sperrmüll im Hausdurchgang an (»nd« berichtete). Ein Bewohner aus dem 1. Stock, der sich und seine Familie über eine Leiter in Sicherheit bringen wollte, stürzte und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Mehrere Bewohner*innen erlitten eine Rauchvergiftung. Auch hier gelang es den Bewohner*innen, das Feuer eigenhändig zu löschen.

Rechter Hintergrund vermutet

Die Bewohner*innen gehen von einem Brandanschlag durch Neonazis aus. In den Monaten zuvor habe man »auffällig ansteigende rechte Aktivitäten im Kiez« beobachtet, teilte das Hausprojekt mit: »Plakate gegen Rassismus wurden von unserer Haustür abgerissen und Naziparolen wie ›Arbeit macht Frei‹ an unsere Fassade und die Hofdurchfahrt geschmiert.« Auch seien Bewohner*innen bedroht und körperlich angegriffen worden. Die Polizei prüft einen möglichen Zusammenhang zu den Bränden. Das Hausprojekt setzt sich öffentlich für ein diskriminierungsfreies Miteinander im Kiez ein. In einer Mitteilung stellte die »Jagow 15« einen Zusammenhang zwischen den Einschüchterungsversuchen und der Neonazi-Partei »Der III.Weg« sowie deren Mitglied und Hauptverdächtigen der rechten Terrorserie in Neukölln, Sebastian T., her. Ob es bei dem Anschlag eine Verbindung zur Anschlagserie in Neukölln gibt, sei jedoch aktuell noch unklar.

Höchststand rechter Aktivitäten

Die Berliner Register hatten für das vergangene Jahr einen Höchststand rechter Aktivitäten vermeldet. Insgesamt 3822 Vorfälle wurden 2020 gezählt, das sind zehn pro Tag und 17 Prozent mehr als 2019. Insbesondere der »III. Weg« war verstärkt auf den Straßen unterwegs, um Flyer und Aufkleber zu verteilen. Nach Propaganda-Fällen (58 Prozent) besteht die Mehrzahl der gemeldeten diskriminierenden Taten aus Beleidigungen und Bedrohungen (17 Prozent) sowie Angriffen (10 Prozent). Fanden rechte Vorfälle in der Vergangenheit vor allem in Ausgehbezirken statt, ereigneten sie sich in der Pandemie eher dort, wo die Menschen wohnen, so die Projektleiterin der Berliner Register, Kati Becker.
Das bekamen die Bewohner*innen der Jagowstraße 15 nun am eigenen Leib zu spüren. Die Bedrohung durch Rechtsextreme in Spandau sei real, so das Hausprojekt. Das Ziel der Täter*innen sei es, Rückzugsorte von politisch Andersdenkenden ins Visier zu nehmen, um damit Terror und Angst zu verbreiten. »Auch wenn wir das einzige linke Hausprojekt in Spandau sind, wir sind nicht allein. Wir lassen uns von Angriffen dieser Art nicht einschüchtern.«

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