Die Bayern müssen warten

RB Leipzig gewinnt 2:0 gegen Stuttgart und verschiebt die Münchner Meisterfeier

  • Ullrich Kroemer, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Weißbierduschen in den teuer eingerichteten Wohnzimmern der Bayern-Profis hat RB Leipzig den Münchnern erspart. Durch ein 2:0 (0:0) gegen den VfB Stuttgart vertagte der Bundesligazweite die endgültige Entscheidung in der Meisterschaft der Fußball-Bundesliga. Nach der 1:2-Blamage beim 1. FSV Mainz 05 am Samstag hatten die Münchner auch keinen gesteigerten Wert auf die Sofa-Meisterschaft gelegt - ganz unabhängig von den Bierflecken. Stattdessen könnte der Rekordmeister mit einem Sieg im nächsten Spiel in 14 Tagen gegen Borussia Mönchengladbach den Titel dann aus eigener Kraft holen.

RB Leipzig verkürzte den Rückstand auf den Branchenkrösus zwar noch einmal auf sieben Zähler. Doch die Schale hatten die Sachsen in Wahrheit bereits Anfang April nach der 0:1-Niederlage im direkten Duell gegen die Münchner abgehakt. Dafür machte Rasenballsport mit dem Erfolg gegen Aufsteiger Stuttgart nun die vierte Teilnahme an der Champions League so gut wie perfekt. Der Vorsprung auf die fünfplatzierten Dortmunder beträgt bei drei ausstehenden Spielen neun Zähler und sechs Tore. Immens wichtig angesichts des anspruchsvollen Restprogramms mit Partien unter anderen gegen die drängenden Dortmunder und Wolfsburger. Auch zur erfolgreichsten Saison der kurzen Bundesligahistorie des Klubs fehlen Leipzig nun nur noch vier Punkte.

Trotz der zweifellos erfolgreichen Saison bleibt jedoch das schale Gefühl, dass es in dieser Spielzeit möglich gewesen wäre, den FC Bayern intensiver zu bedrängen, als es im wechselhaften April durch zwei Niederlagen und zwei Remis gelungen ist. Als Hauptursache kristallisierte sich die mangelnde Chancenverwertung heraus. Keines der ersten zwölf Teams der Liga geht so verschwenderisch mit seinen Chancen um wie RB. »Uns fehlt der Killerinstinkt. Viel mehr Chancen als in den letzten Spielen können wir nicht herausspielen - aber wir müssen sie auch machen«, hatte Trainer Julian Nagelsmann kritisiert und betont: »Wir haben garantiert kein Mentalitätsproblem, sondern eines beim Verwerten sehr guter Situationen.«

Ein generelles Manko, denn zu häufig verfehlen die Leipziger den 7,32 Meter breiten und 2,44 Meter hohen Kasten. Im Saisonschnitt bringen die Leipziger 5,7 Schüsse pro Spiel aufs gegnerische Tor, durchschnittlich 6,2 gehen daneben. Bei Spitzenmannschaften wie etwa den Bayern ist das Verhältnis umgekehrt: 6,8 Versuche pro Partie fliegen auch aufs Tor. 6,4 gehen daneben. Der feine Unterschied.

Das liegt zum einen daran, dass sich die Leipziger Schützen zwar im Kombinationsspiel unter Nagelsmann unheimlich entwickelt haben, hinsichtlich Qualität und Nervenstärke im Abschluss jedoch hinterherhinken. Die Torjäger wie 20-Millionen-Euro-Zugang Alexander Sörloth fanden nie ihren Rhythmus, weil Nagelsmann das Spiel wie sein Vorbild Manchester City bevorzugt auf einen falschen Neuner im Sturmzentrum zuschnitt. So kristallisierte sich im Saisonverlauf nie ein Goalgetter heraus. Zwar hat Leipzig 15 verschiedene Torschützen, aber keinen darunter, der mehr als sieben Treffer erzielt hat. »Wir glauben weiter daran, dass noch einer zweistellig trifft«, sprach der Trainer seinen Schützen Mut zu.

Auch gegen Stuttgart, das sich durch einen Platzverweis nach rüdem Foul von Naouirou Ahamada mit offener Sohle gegen Amadou Haidara früh selbst dezimierte (13.) hatte, wurde das RB-Problem deutlich. Leipzig belagerte den Strafraum der zehn Stuttgarter wie beim Handball, feuerte aber in der ersten Hälfte neun Torschüsse ohne Erfolg ab. Der defensive Mittelfeldmann Haidara erlöste RB dann zu Beginn der zweiten mit einem wuchtigen Kopfball nach Flanke aus dem Halbfeld von Dani Olmo (46.). Emil Forsberg erhöhte nach Foul an ihm selbst per Elfmeter zum 2:0 (67.). Doch Angeliño, Olmo & Co. vergaben noch zahlreiche weitere Hochkaräter. Das muss konsequenter und zielstrebiger werden, wenn Leipzig die Bayern in der kommenden Saison ernsthafter in Schwierigkeiten bringen will.

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