Kündigung vom Olympiastützpunkt

Der OSP Sachsen trennt sich nach schweren Vorwürfen von seiner Turntrainerin Gabriele Frehse

  • Nikolaj Stobbe, Chemnitz
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Turnskandal um die Chemnitzer Trainerin Gabriele Frehse stehen die Zeichen weiter auf Konfrontation. Der Olympiastützpunkt (OSP) Sachsen hat seiner langjährigen Mitarbeiterin nun gekündigt, nachdem einige Athletinnen um die frühere Weltmeisterin am Balken, Pauline Schäfer, schwere Vorwürfe gegen die 60-Jährige wegen psychischer Gewalt und überharter Trainingsmethoden erhoben hatten. »Das Arbeitsverhältnis zwischen dem OSP Sachsen und der Trainerin Gabriele Frehse wurde beendet«, teilte der Olympiastützpunkt auf Anfrage der »Sächsischen Zeitung« mit. Eine genaue Begründung der Kündigung wurde zunächst nicht bekannt.

Generalverdacht belastet alle Trainer

Eine vom Deutschen Turner-Bund (DTB) in Auftrag gegebene Untersuchung war zu dem Ergebnis gekommen, dass es in mehreren Fällen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für die Anwendung psychischer Gewalt durch die Trainerin gegeben habe. Auch soll Frehse Schützlingen ohne Absprache mit Ärzten Schmerzmittel verabreicht haben. Die Staatsanwaltschaft nahm wegen des Verdachts der Körperverletzung Ermittlungen auf. Der DTB hatte die Entlassung gefordert und wollte seine Athletinnen nicht mehr von der Trainerin betreuen lassen. Frehse war nach Bekanntwerden der Vorwürfe Anfang Dezember als Cheftrainerin allerdings zunächst nur suspendiert worden. Nun sprach der OSP doch die Kündigung aus. Ulla Koch, Teamchefin der deutschen Turnerinnen, hatte sich im April kritisch zur Affäre geäußert. »Diese Vorfälle belasten die anderen Trainer. Der Generalverdacht ist schlimm, die Verallgemeinerung trifft uns hart«, sagte Koch.

Noch unklar ist, ob sich Frehse arbeitsrechtlich gegen die Kündigung wehrt. Die erfahrene Trainerin, die die schweren Vorwürfe stets zurückgewiesen hat, verwies laut »Süddeutscher Zeitung« auf das schwebende Verfahren und wollte sich nicht äußern. Unterstützung erhält Frehse von ihrem Verein TuS Chemnitz-Altendorf. Dessen Präsident Frank Munzer will, dass die Trainern weiter ehrenamtlich im Klub tätig ist. »Ich stehe dazu, weil mir einfach die Mädels wichtig sind. Es geht darum, für sie schnellstmöglich eine Lösung zu finden«, sagte Munzer und ergänzte: »Wir versuchen, gemeinsam mit Frau Frehse gegen die Kündigung vorzugehen, die in unseren Augen durch nichts zu rechtfertigen ist.«

Viele Unterstützer halten zu Frehse

Rückendeckung hatte Frehse auch von der Olympiadritten Sophie Scheder und anderen Turnerinnen erhalten, die für ihren Verbleib kämpften. Die Gruppe um Scheder, die bei den Sommerspielen 2016 in Rio Bronze am Stufenbarren gewann, unterschrieb einen offenen Brief an den Olympiastützpunkt, um gegen die Freistellung von Frehse als Trainerin vorzugehen. Im Sportausschuss des Deutschen Bundestages war der seit Monaten anhaltende Turnskandal ebenfalls bereits Thema. Auch an diesem Mittwoch könnte der Fall Frehse wieder zur Sprache kommen. Dann nämlich beschäftigt sich der Sportausschuss am Nachmittag in einer öffentlichen Anhörung mit physischer, psychischer und sexualisierter Gewalt im Sport.SID/nd

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!