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»Mohrenrondell« nicht korrekt

Die Stiftung preußische Schlösser und Gärten benennt eine Ecke im Park Sanssouci um und reagiert so auf Kolonialismusdebatten

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.
Ein Fotograf der Deutschen Presse-Agentur macht am Freitag beim Ortstermin im Park Sanssouci Aufnahmen im Ersten Rondell
Ein Fotograf der Deutschen Presse-Agentur macht am Freitag beim Ortstermin im Park Sanssouci Aufnahmen im Ersten Rondell

»Wir lernen«, sagt Christoph Martin Vogtherr, Generaldirektor der Stiftung preußische Schlösser und Gärten (SPSG). Im vergangenen Jahr begann sich die Stiftung intensiv mit den Folgen des Kolonialismus auseinanderzusetzen.

Als erstes sichtbares Ergebnis wurde nun am Freitag das »Mohrenrondell« im Potsdamer Schlosspark Sanssouci in »Erstes Rondell« umbenannt oder vielmehr rückbenannt. Denn es stellte sich heraus, dass dies einer der ursprünglichen Namen ist und die Bezeichnung Mohrenrondell erst aus den 1960er Jahren stammt. 1962 tauchte sie zum ersten Mal auf - zu einer Zeit, als die Skulpturen von je zwei schwarzen Frauen und Männern dort gar nicht mehr standen. Geschaffen von unbekannten - wahrscheinlich italienischen - Künstlern in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts oder Anfang des 18. Jahrhunderts, waren die Originale schon sehr stark mitgenommen und sollten nicht weiter der Witterung ausgesetzt werden. In den 1970er Jahren wurden die Originale restauriert. Sie sind heute im Schloss Caputh ausgestellt. Die mittlerweile im Rondell von Park Sanssouci gezeigten Büsten sind Kopien, angefertigt in den Jahren 1992 bis 1997.

Jetzt gibt es dort also eine Hinweistafel mit der Bezeichnung »Erstes Rondell«. Auf der Tafel ist zu lesen: »Der preußische König Friedrich der Große plante persönlich 1746 die Gestaltung dieses Rondells. Aufgestellt wurden Büsten eines römischen Kaisers, eines Philosophen und vier afrikanischer Personen in antiken Gewändern. Die Bildnisse schwarzer Menschen stehen hier wohl für ein nobles, aber auch naives Afrika, das angeblich durch die Europäer zivilisiert wurde.« Weiter heißt es, im 20. Jahrhundert habe sich der Name Mohrenrondell etabliert. Dieser Name könnte aber Menschen »verletzen und abwerten«. Deshalb die Umbenennung. Dies berühre auch die aktuellen Debatten zum Umgang mit Rassismus, Versklavung und kolonialer Vergangenheit. Die Schlösserstiftung setze sich kritisch mit der Geschichte auseinander, versichert der Text auf der Hinweistafel an dem durch hohe Hecken gebildeten Rondell.

»Das hier bedeutet deutlich mehr als ein neues Informationsschild«, betont Generaldirektor Vogtherr. »Es geht darum, über Begriffe nachzudenken, über Kontexte, in denen etwas präsentiert oder nicht präsentiert wird.« Es gehe auch um die Verwendung von Begriffen in Publikationen. Dies seien Überlegungen, »die nicht zu unserem Kerngeschäft gehören«. Aber diese Überlegungen werden nun angestellt. Dazu gibt es extra eine Steuerungsgruppe.

Noch vor zwei Jahren hätte man gedacht, Mohrenrondell sei eine sehr viel ältere Bezeichnung, bekennt Vogtherr. Man weiß nicht, ob die in schwarzen belgischen Kalkstein geschlagenen und aufpolierten Bildnisse reale Personen zeigen, die dem Bildhauer vielleicht sogar Modell gestanden haben. So wie man auf etlichen Gemälden von Herrschern über die mit ihnen zusammen abgebildeten schwarzen Bediensteten nichts weiß. Man habe früher wenig bis nie danach gefragt, sich überhaupt nicht dafür interessiert, heißt es. Doch das soll sich ändern.

Die Skulpturen am Rondell könnten in den Augen von König Friedrich eine gebändigte Natur symbolisiert haben, deren Zähmung nur einem Herrscher wie ihm zukam. Das allerdings ist nur eine der möglichen Interpretationen. Es gibt auch andere Lesarten, und die bei der SPSG für Skulpturen zuständige Kustodin Silke Kiesant freut sich auf die Diskussion darüber. Die Stiftung will weiter an dem Thema arbeiten und Initiativen einbeziehen, in denen sich schwarze Bürger für einen anderen Umgang mit dem kolonialen Erbe engagieren. Man habe Kontakte zu der Gruppe »Postcolonial Potsdam« geknüpft, heißt es. Bei der Umbenennung in »Erstes Rondell« wirkten aber noch keine schwarzen Menschen mit.

Schädel und Knochen, Kunstwerke und Kulturgüter aus Afrika lagern zuhauf in den Depots europäischer Museen oder werden Besuchern präsentiert. Immer wieder fordern Ursprungsländer deren Rückgabe. Damit ist die Schlösserstiftung nicht konfrontiert. Nach ersten Erkenntnissen befinden sich in ihren Beständen keine Objekte aus Kolonien. Jedoch gibt es Gemälde und Grafiken, Elfenbeinmöbel und Medaillen, deren Herkunft und Geschichte in den kommenden Jahren erforscht werden soll. Schließlich könnten Bezeichnungen mit dem Sklavenhandel in Verbindung stehen oder rassistische Denkmuster offenbaren. Das soll überprüft und dann entschieden werden, ob Bezeichnungen geändert werden müssen oder ob es angebracht ist, den historischen Hintergrund zu erläutern. 68 Positionen umfasst eine Liste mit Orten und Objekten, die es abzuarbeiten gilt. Für 2023 ist eine diesem Thema gewidmete Ausstellung im Berliner Schloss Charlottenburg geplant - Arbeitstitel: »Fremde Welt«.

Was jetzt mit dem Rondell geschehen ist, erinnert an die Mohrenstraße in Berlin-Mitte. Nach langem Streit entschied der Bezirk im vergangenen Jahr, diese Straße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße umzutaufen. Das erfordert einen gewissen bürokratischen Aufwand und ist deshalb noch nicht geschehen. Es klappt aber vielleicht noch dieses Jahr. Sobald die Straße umbenannt ist, wollen die Berliner Verkehrsbetriebe den Namen des dazugehörigen U-Bahnhofs ebenfalls ändern, erklärt Sprecherin Petra Nelken dem »nd«. Ideal, weil unkompliziert, wäre eine Umbenennung zum Fahrplanwechsel im Dezember, weil dann sowieso alle Fahrpläne ausgetauscht werden, sagt Nelken.

Anton Wilhelm Amo wurde im 18. Jahrhundert von der holländischen Ostindien-Kompanie aus dem heutigen Ghana verschleppt. Er gelangte an den Hof von Braunschweig-Wolfenbüttel, promovierte 1729 in Halle und war der erste schwarze Gelehrte an einer deutschen Universität.

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