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Neukölln spuckt Akelius in die Suppe

Bezirk übt Vorkaufsrecht für zwei per Share-Deal erworbene Häuser aus

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist ein Paukenschlag für die Durchsetzung des bezirklichen Vorkaufsrechts in Milieuschutzgebieten. Am Mittwoch gibt der Bezirk Neukölln die Ausübung gleich für zwei Häuser zugunsten der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge bekannt.

Erstmals wurde dieses Recht dabei bei einem sogenannten Share-Deal angewandt. Dabei wird formal kein Grundstücksgeschäft abgeschlossen, sondern es werden Anteile von Firmen verkauft, denen Immobilien gehören. Es ist nicht nur ein riesiges Steuer-schlupfloch, das die Länder jährlich um Milliarden an Grunderwerbssteuer-Einnahmen bringt, auch die Prüfung des Vorkaufsrechts wird in der Regel ausgehebelt.

»Bisher konnten wir beim Verkauf von Grundstücken in Form eines Share-Deals nur zuschauen. Das wollten wir nicht länger zulassen und sind vor der Komplexität des Vorgangs nicht zurückgeschreckt«, erklärt der Neuköllner Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne).

Unterstützt wurde der Bezirk von den Senatsverwaltungen für Finanzen und für Stadtentwicklung. Wohnen-Staatssekretärin Wenke Christoph (Linke) nennt das Vorgehen »ein wichtiges Signal, mit dem Berlin deutlich macht, dass eine Umgehung des Vorkaufsrechts nicht toleriert wird«.

Der vorerst ausgebootete Käufer ist in beiden Fällen der schwedische Immobilienkonzern Akelius, mit rund 14.000 Wohnungen in Berlin einer der großen privaten Player auf dem Markt. Mit Luxussanierungen und exorbitanten Mieten leistet er der Verdrängung Vorschub.

Der Weg bis zu dem heute bekanntgewordenen Schritt war nicht einfach. Nach Hinweisen auf die entsprechende Transaktion verpflichtete Neukölln Akelius zur Herausgabe der Unterlagen. Der Konzern focht allein den Rechtsstreit um diese Aufforderung bis vor das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg und unterlag (OVG 2 S 46/20).
»Es hat uns viel Mühe und Kopfzerbrechen gekostet, das ganze Transaktions- und Gesellschaftsgeschehen zu verstehen«, sagt Stadtrat Biedermann zu »nd«.

Mit einem geringen Zuschuss hat die Howoge nun die Wohnhäuser Boddinstraße 8 sowie Weserstraße 164/Wildenbruchstraße 85, 86 übernommen. Damit hat auch das bekannte Cafékollektiv »k-fetisch« Aussicht auf einen Verbleib in den Räumlichkeiten in der Wildenbruchstraße. Im August 2019 wurde der Verkauf des Hauses an Akelius bekannt. »Allein in Neukölln besitzt Akelius bereits über 100 Häuser. Davon sind nicht einmal zehn Häuser sogenannte Vorkaufsfälle, also Häuser, in denen der Bezirk sein Recht auf Vorkauf prüfen konnte, weil die Häuser in Gänze und nicht als Anteile an einer GmbH verkauft wurden«, hieß es von der Akelius-Mieter*innenvernetzung damals.

Noch sind für Akelius die Rechtsmittel gegen das Vorgehen des Bezirks nicht ausgeschöpft. Die Möglichkeit zum Abschluss einer sogenannten Abwendungsvereinbarung, die für 20 Jahre die Aufteilung in Eigentum und Luxusmodernisierungen ausschließt, sei nicht wahrgenommen worden, heißt es vom Bezirk. Da der Bescheid noch nicht rechtskräftig ist, kann Akelius Widerspruch einlegen.

»Es wird noch spannend werden, ob ein Gericht im Falle eines Rechtsstreits unserer Argumentation folgt«, so Biedermann.

Die Akelius Mieter*innenvernetzung begrüßt, dass der Bezirk Neukölln das Vorkaufsrecht ausgeübt hat. »Wir recherchieren seit Monaten den fingierten Share Deals von Akelius nach und stoßen auf immer weitere Konstruktionen, in denen die beiden Shareholder nicht voneinander unabhängig sind«, heißt es auf nd-Anfrage. Eine wichtige Konsequenz daraus habe die SPD-Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe gezogen »und einige der fingierten Share Deals der Steuerbehörde gemeldet«. Die zweite wichtige Konsequenz habe nun der Bezirk Neukölln gezogen und das Vorkaufsrecht gezogen.

»Wir erwarten, dass sowohl die Steuerbehörde Auskunft gibt über den Stand der Prüfung und gegebenenfalls Strafanzeige gegen Akelius stellt und die geprellte Grunderwebssteuer nachfordert. Und wir erwarten, dass alle Bezirke mit Neukölln mitziehen und nun ebenfalls bei den fingierten Share Deals von Akelius das Vorkaufsrecht ziehen«, so die Vertretung der Mieterinnen und Mieter von Akelius. Denn es sei eine »echte und sehr große Chance für uns Mieter*innen, Akelius endlich wieder los zu werden«.

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