Lauter Ruf nach mehr Präsenzunterricht

Spitzenkandidaten von Grünen, CDU und SPD fordern Bildungssenatorin zu Kurswechsel auf

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Es wird mal wieder ungemütlich für Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Nachdem sich bereits ihre Parteifreundin und Spitzenkandidatin Franziska Giffey in der »Morgenpost« angesichts niedriger Inzidenzen dafür aussprach, weitergehende Schulöffnungen noch vor den Sommerferien zu prüfen, meldet sich nun auch Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch zu Wort.

Angesichts der aktuellen Corona-Inzidenzen – am Donnerstag wurde für Berlin ein Wert von 34,1 gemeldet – sollte zumindest den Grundschulkindern ein Stück Normalität zurückgegeben und regulärer Unterricht noch vor den Ferien ermöglicht werden, sagt sie. Die Grünen-Fraktionsspitze dringt bereits seit längerem auf weitergehende Öffnungen vor den Sommerferien. »Das ist angesichts der aktuellen Inzidenz unter Einhaltung aller Hygienemaßnahmen vertretbar und ein wichtiges Signal an Kinder und Familien«, findet Bettina Jarasch.

»Es gibt eine tiefe Sehnsucht nach Normalität im Schulbetrieb«, erklärt auch CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner. »Die Rückkehr zum sicheren Präsenzbetrieb muss nächsten Dienstag im Senat behandelt werden«, fordert er. Ein sicherer Schulbetrieb lasse sich mit Tests, mit Luftfiltern, mit neuen Raumkonzepten und durchdachten Hygieneregeln gestalten, glaubt Wegner.

Die Bildungsverwaltung will am Wechselunterricht bis zu den Ferien festhalten, hat aber mehr Aktivitäten im Klassenverband als bisher in Aussicht gestellt. »Wir verstehen die Sorgen in Teilen der Elternschaft und haben die sinkenden Inzidenzen natürlich im Blick«, so ihr Sprecher Martin Klesmann. Ab kommenden Montag soll die Notbetreuung für Erst- bis Sechstklässler ausgeweitet werden auf Kinder, deren Eltern keine andere Betreuungsmöglichkeit haben. Außerdem sollen Exkursionen und pädagogische Veranstaltungen im Freien wieder in Klassenstärke möglich sein. »Wenn sich die Lage weiter derart verbessert, dann sind in den letzten beiden Wochen vor den Sommerferien auch weitere Zusammenkünfte und mehr Projekte im Klassenverband und im Freien möglich und wünschenswert«, erläutert Klesmann.

»Wir werden die Senatorin in ihrer Haltung konsequent unterstützen«, sagt Linke-Bildungsexpertin Regina Kittler zu »nd«. »Die jenigen, die weitergehende Öffnungen fordern, vergessen ein paar Sachen«, erklärt sie. Zunächst sei es wichtig festzustellen, dass die Schulen nicht zu sind. »Wir haben Unterricht unter den gegebenen Bedingungen«, stellt Kittler fest.

»Wenn wir die Bedingungen der Öffnungen von Außengastronomie und Kultur auf den Schulbereich übertragen wollten, hieße das zunächst, dass tägliche Testungen erfolgen müssten«, erläutert Kittler. Unterrichts- und Aufenthaltsräume müssten über automatische Lüftungsanlagen verfügen sowie der Abstand zwischen einzelnen Schülerinnen und Schülern gewährleistet sein. »Ich wüsste nicht, wie allein letzteres bei teilweise über 30 Schülern allein räumlich gewährleistet werden könnte«, so die Bildungspolitikerin.
Auch Christian Drosten, Leiter der Virologie am Berliner Universitätsklinikum Charité, spricht sich dafür aus, nicht zu viele Maßnahmen der Kontaktreduktion auf einmal zurücknehmen. »Das kann sonst zurückschlagen«, sagt er bei einer Anhörung im Bundestag am Donnerstag. »Die Impfung der Erwachsenen könnte den Ping-Pong-Effekt zwischen Schulen und Haushalten unterbrechen«, twitterte er am vergangenen Freitag. Doch weder die Kollegien an den Schulen noch die Eltern seien bisher durchgeimpft, sagt Kittler, »Deswegen könnte der Ping-Pong-Effekt wieder eintreten.« Mit dpa

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