Ein schmerzhafter Erfolg
Basketballer Tibor Pleiß gewinnt mit Istanbul den größten Titel Europas, im Nationalteam fehlt er
Etwas zurückhaltend hüpfte Tibor Pleiß bei der Jubelfeier mit bandagiertem Unterschenkel auf und ab. Im Augenblick des ersten Euroleague-Triumphs eines deutschen Basketballers seit knapp zwei Jahrzehnten war die schmerzhafte Verletzung für den 2,21 Meter großen Hünen schon fast wieder vergessen. »Es sind so viel Adrenalin und so viele Emotionen in mir, das Bein ist da nicht wichtig. Ein Traum wird wahr. Das ist die Kirsche auf der Torte«, schwärmte der 31-jährige Rheinländer nach dem 86:81 mit Anadolu Efes Istanbul im Endspiel des Final Four gegen den FC Barcelona in Köln.
Immer wieder schaute Pleiß nach seiner Familie auf der Tribüne der Arena. »Das ist der geilste Moment meines Lebens. In meiner Heimatstadt das Ding zu gewinnen - dass ich auf den Platz gehe und mein Ding mache, meine Momente hatte, ist unbeschreiblich.« Als Pleiß beim Stand von 15:22 im zweiten Viertel ins Spiel kam, drehte sich die Partie. Der Center steuerte fünf Zähler und drei Rebounds bei, musste aber nach knapp acht Minuten beim 32:29 mit einer Wadenverletzung wieder auf die Bank. Anadolu geriet nie wieder in Rückstand, auch wenn es bis zur Schlussphase eng blieb.
Mit großer Hingabe
Mit einem Kühlpack auf dem linken Unterschenkel verfolgte Pleiß den Sieg von außen. »Mein Team hat mir in der Halbzeit gesagt: Du hast uns so gut geholfen, jetzt holen wir dir auch das Ding«, berichtete er später. »Es ist für ihn und Deutschland historisch«, sagte sein Teamkollege Vasilije Micic, der früher für Bayern München spielte. »Er hat eine große Hingabe für Basketball. Er ist immer bereit und hat uns heute einen Extraschub verschafft.«
In der modernen Euroleague-Ära hatte bislang nur Patrick Femerling 2003 mit Barcelona den wichtigsten Klubtitel Europas gewonnen, Christian Welp 1997 mit Piräus und Michael Koch 2000 mit Athen triumphierten noch in Vorgängerformaten der Königsklasse.
Pleiß war 2018 nach Istanbul gewechselt, unterlag direkt in seiner ersten Saison erst im Euroleague-Finale ZSKA Moskau. »Vor zwei Jahren haben wir es nicht geschafft. Ich hatte jetzt auch etwas gut zu machen, denn damals habe ich keinen einzigen Punkt gemacht«, sagte der ehemalige NBA-Profi.
Noch länger liegt der bislang letzte Einsatz von Pleiß im deutschen Nationaltrikot zurück. Seit einem Zerwürfnis mit dem Deutschen Basketball-Bund (DBB) im Sommer 2016 ist er trotz seiner europäischen Spitzenklasse nicht mehr in die Nationalmannschaft berufen wurde. Damals hatte er die DBB-Auswahl mitten in der Qualifikation für die Europameisterschaft verlassen, weil er sich für einen neuen NBA-Vertrag empfehlen wollte. Auf den Center in dieser Form dürfte Bundestrainer Henrik Rödl in der Olympiaqualifikation in knapp einem Monat kaum verzichten können - vor allem wenn es Maxi Kleber nicht rechtzeitig aus der NBA nach Europa schaffen sollte. Damit wollte sich Pleiß zumindest am späten Sonntagabend aber noch nicht beschäftigen: »Das ist bei mir gerade kein Thema. Erst mal mit den Jungs jetzt feiern!«dpa/nd
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