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Von Chaplin bis Digedags

Das Filmmuseum Potsdam feiert mit einer Foyerausstellung seinen 40. Geburtstag

  • Wilfried Neiße, Potsdam
  • Lesedauer: 4 Min.

Ohne die hundertjährige Filmgeschichte in Potsdam-Babelsberg gäbe es kein Filmmuseum. 2021 blickt es auf vier Jahrzehnte seines Bestehens zurück. Die Einrichtung, die seit 2011 zur Babelsberger Filmuniversität »Konrad Wolf« gehört, begeht ihr Jubiläum mit einer Ausstellung in dem sich auf zwei Etagen erstreckenden Foyer - die ist nicht üppig, aber zeigt ausgewählte Exponate. Gezeigt wird sie bis zum Juni 2022. Zur Eröffnung der Ausstellung nutzte das Museum erstmals seit über einem halben Jahr Corona-Pandemie wieder das mehrfach modernisierte Kino im Hause.

Direktorin Christine Handke erklärt, dass vor allem ihre Vorgängerin Bärbel Dalichow nach 1990 rund 23 Jahre das Haus profiliert habe. Anteil an diesem Museum hat aber auch die Mutter von Bärbel Dalichow, die langjährige Potsdamer Oberbürgermeisterin Brunhilde Hanke (SED). Die setzte sich in den 1970er Jahren für den Erhalt des Gebäudes ein und berichtete immer gern, wie ihr Bauarbeiter angeboten haben, das barocke Gebäude neben der Stadtschlossruine, in dem dann das Filmmuseum unterkam, »gleich mit abzureißen«. Dazu kam es glücklicherweise nicht, und so blieb das nachweislich älteste Gebäude in Potsdam als Museum erhalten.

Die bewegte Geschichte auf wenigen Metern darzustellen, sei ein sehr schwieriges Projekt gewesen, sagte Kuratorin Dorett Molitor. Zu sehen sind Erinnerungsstücke der ersten Filmtechnikausstellung, mit der 1981 Filmmuseum, Kino und Gaststätte eröffnet wurden. Keineswegs gesichert war der Fortbestand nach 1990, manchem schien eine Zukunft unter dem Dach einer privaten Stiftung oder seine Einordnung in das Berliner Filmmuseum denkbar, bis dann Kulturminister Hinrich Enderlein (FDP) die Mittel für den Erhalt und den Ausbau des Hauses freigab. »Erinnert wird an die Euphorie, mit der man damals viel Publikum und internationale Gäste anzog, mit streitbaren Ausstellungen ebenso wie mit den ersten Familienausstellungen«, wie es im Begleittext der Foyerausstellung heißt.

Verblüffend ist die Auflistung der vielen Baumaßnahmen. Nachdem polnische Restaurateure den einstigen königlichen Marstall als Filmmuseum hergerichtet hatten, folgten die Modernisierung 1991/92 und wenige Jahre später eine umfassende Brandschutzsanierung. In den kommenden Jahren ist erneut eine Instandsetzung geplant.

Trotz der vielen Stilllegezeiten für Baumaßnahmen zählte das Filmmuseum insgesamt drei Millionen Besucher aus dem In- und Ausland. Zu seiner Bilanz gehören vier Dauerausstellungen, 127 Sonderschauen, unter anderem die sehr erfolgreiche zum Sandmännchen, aber auch zu den DDR-Comicfiguren Digedags und zur Maus - eine Figur des Westdeutschen Rundfunks. In den regen 90er Jahren gab es im Schnitt drei Sonderschauen pro Jahr, etwa zu den berühmten Schauspielern Charlie Chaplin und Romy Schneider.

Bezogen auf die hohe Zahl der Ausstellungen sagte Direktorin Handke: »Das ist heute nicht mehr machbar.« Aber inzwischen ist die Sammlung soweit digitalisiert, dass es möglich ist, in ihr gleichsam von außen zu recherchieren. Eine Probe davon ist in der Foyerausstellung das digitalisierte Gästebuch. Die Eintragungen von Nina Hagen, Götz George und Armin Mueller-Stahl können dort nachgelesen werden.

Auf eine im Archiv entdeckte Lücke, die es mit einem neuen Projekt zu schließen gilt, machte Ko-Direktorin Ilka Brombach aufmerksam. Nach der Abwicklung der ostdeutschen Filmgesellschaft DEFA 1992 hätten sich viele in diesem DDR-Betrieb einst beschäftigte Filmschaffende selbstständig machen müssen und in privatem Engagement Filme produziert. Die damaligen kleinen Filmfirmen seien inzwischen fast alle pleite gegangen, die Filme seien also zumeist bei ihren Urhebern. Dieses Material gelte es aufzustöbern, zu erfassen und wissenschaftlich einzuordnen.

Das 40-jährige Jubiläum des Filmmuseums wird außerdem »in eigener Sache« dazu genutzt, auswärtige Besucher und Potsdamer aufzufordern, bei sich daheim Dokumente oder Utensilien zur Museumsgeschichte zu suchen, die vielleicht die Ausstellung bereichern könnten. Gedacht sei an Eintrittskarten, Flyer, Filmhefte, Fotos oder persönliche Erinnerungen an das Haus. »Die schönsten Einsendungen werden im Blog der virtuellen Ausstellung veröffentlicht«, wird versprochen.

Eine das Haus ständig begleitende Frage war die nach der Unterbringung seines Archivs und seiner Sammlungen. Mehrfach zog das Depot innerhalb der Stadt Potsdam um - immer in Provisorien beziehungsweise in Gebäude, die dafür weniger geeignet waren. Schon drohte der Abtransport aller Schätze nach Bonn in das dortige Landeshauptarchiv. Dann konnte mit Friedhelm Schatz, dem Chef des Filmparks Babelsberg und anderen Verantwortlichen auf dem Studiogelände eine langfristige Lösung gefunden werden. Derzeit wird am neuen Archivgebäude neben der Filmuniversität gearbeitet. In wenigen Monaten soll die Einweihung sein.

Bis 6. Juni 2022, Eintritt frei, Filmmuseum Potsdam, Di. bis So. 10 bis 18 Uhr, Breite Straße 1A, virtuelle Ausstellung: filmmuseum-potsdam.de

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