Politik wälzt die Verantwortung ab

Claudia Krieg ärgert sich über die Lotterie bei den Impfterminen

  • Claudia Krieg
  • Lesedauer: 2 Min.

Die niedergelassenen Ärzt*innen stöhnen, weil die Telefone auch absehbar nicht aufhören werden zu klingeln. Andere haben das Impfen zur Hauptaufgabe erklärt, der sonstige Praxisbetrieb läuft nebenbei - so wie die Kinderarztpraxis, die gerade weniger kleine Patient*innen hat und dafür deren Eltern und andere Erwachsene im Dauertakt impft. Viele Angehörige von Risikogruppen sind derweil verzweifelt. Selbstständige sowie die meisten Beschäftigten in Berlin arbeiten in Unternehmen ohne Betriebsärztin. Sie müssen sehen, wie sie neben ihrer Arbeit ohne Homeoffice noch Zeit für das Dauerbingo mit Impfhotline und dem Doctolib-Buchungssystem finden.

Wer bisher Pech hatte beim Glücksrad der Terminvergabe für eine Corona-Schutzimpfung, wird es angesichts der Aufhebung der Impfpriorisierung sehr wahrscheinlich auch noch eine Weile länger haben - wenn die Lotterie nicht zufällig noch einen Termin ausspuckt. Während man sich seitens der Berliner Gesundheitsverwaltung auf die Schulter klopft, weil die Impfkampagne so erfolgreich laufe, wird in Kauf genommen, dass dabei eine ganze Menge Menschen durchs Raster fallen. Ohne Zweifel haben die Schwerpunktimpfungen in den Bezirken, die gut laufen und auch an den kommenden Wochenenden in Berliner Bezirken fortgesetzt werden, bereits Tausende Berliner*innen erreicht. Hier liefern Senat und Bezirke ein gutes Zusammenspiel.

Aber es wäre Aufgabe der Politik gewesen, die Aufhebung der Priorisierung so zu steuern, dass dabei nicht diejenigen unter die Räder kommen, die eine Immunisierung wirklich dringender benötigen als viele, die bereits zumindest einmal geimpft wurden. Nicht alle davon sind Impfdrängler, aber es ist ebenso wenig einzelnen Hausärzt*innen anzulasten, wenn sie bei verfügbarem Impfstoff ihre Wartelisten durchgehen, um schnell voranzukommen.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.