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Boden gutmachen
Neue Stiftung soll Stadtboden der Spekulation entziehen
Die hohen Kaufpreise, für die Häuser in Berlin ihre Eigentümer wechseln, sind nicht allein auf die Wertsteigerung des Wohnraums zurückzuführen. Seit der Finanzkrise hat vor allem die Spekulation mit dem Boden rasant an Fahrt aufgenommen. Kein Wunder also, dass sich Aktivisten verstärkt auch der Bodenfrage zuwenden. Dort anzusetzen wird mitunter schon als entscheidend angesehen, um Mietexplosion und Verdrängung zu verhindern. Ein Vorstoß aus der Berliner Zivilgesellschaft war nun die Gründung der Stadtbodenstiftung. »Es geht darum, den Boden dauerhaft der Spekulation zu entziehen«, sagte Vorstand Andre Sacharow bei der Vorstellung der Stiftung am Donnerstag.
Die Stadtbodenstiftung knüpft dabei an ein Modell an, das im Ausland unter dem Namen Community Land Trust bekannt ist. Grundprinzip ist die Trennung des Besitzes an Boden vom Besitz an den Gebäuden, die auf diesem stehen. So will die Stadtbodenstiftung künftig Grundstücke in Berlin erwerben - die Gebäude auf diesen sollen aber in den Besitz von gemeinwohlorientierten Partnern gehen, zu denen die Stiftung unter anderem Genossenschaften und Projekte des Mietshäusersyndikats zählt. Zwischen der Stiftung und den Hauseigentümern wird dann ein Erbbaurechtsvertrag geschlossen. Über diese Verträge kann die Stiftung als Eigner des Bodens unter anderem soziale Kriterien bei der Vermietung festschreiben. Entscheidender Vorteil dieses Modells sei letztlich, dass selbst bei einem Verkauf des Hauses der Boden im Besitz der Stiftung bleibt - und so auch die Kontrolle über das, was auf diesem geschieht.
»Die Stiftung verwaltet den Boden treuhänderisch für die Nachbarschaft«, erklärt Sabine Horlitz, ebenso Vorständin, das Modell der Stadtbodenstiftung. Anders als bei Genossenschaften, wo lediglich die Mitglieder ein Mitspracherecht haben, setzten sich die Gremien der Stiftung auch aus Vertretern der Nachbarschaft zusammen. »Wir können von anderen Ländern lernen, wo das ein über Jahrzehnte bewährtes Modell der Stadtentwicklung von unten ist«, so Horlitz.
Die Idee der Community Land Trusts entstand Ende der 1960er Jahre im Zuge der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung in Reaktion auf die diskriminierende Bodenverteilung, die den Zugang schwarzer Farmer zum Ackerland erschwerte. Später verbreitete sich die Idee vor allem in den mit Aufwertungen konfrontierten Städten der USA. Doch auch in Europa gibt es erfolgreiche Beispiele - so wie im belgischen Brüssel.
»Während Brüssel Anfang der 2000er immer lebenswerter wurde, war es für Menschen mit geringem Einkommen gleichzeitig schwieriger, eine Wohnung zu finden«, erklärt Joaquín de Santos aus der belgischen Hauptstadt die Beweggründe. Heute wird auf den Grundstücken des dortigen Community Land Trusts fleißig gebaut. Einkommensschwächere Haushalte kaufen ihre Wohnungen selbst, zu Preisen von 25 Prozent unter dem, was auf dem privaten Markt verlangt wird. Der Boden allerdings bleibt im Besitz des Trusts, und Weiterverkäufe von Wohnungen sind preislimitiert.
In der Zukunft will auch die Berliner Stadtbodenstiftung Neubau umsetzen. Doch vor allzu großen Erwartungen warnt Holger Lauinger von der Stiftung: »Wir werden damit nicht die Wohnungsfrage lösen.« Die Stadtbodenstiftung stehe noch ganz am Anfang und werde über viele Jahren wachsen müssen, konstatiert er. Dafür braucht es vor allem Geld. 100.000 Euro sind im Berliner Haushalt für das Vorhaben veranschlagt.
Als erste Zielmarke geben die Aktiven 3,6 Millionen Euro aus privaten Zuwendungen an - ein Euro je Berliner. Auch werde die Stadtbodenstiftung nicht zur ersten Adresse werden, wenn im Zuge des Vorkaufsrechts nach gemeinwohlorientierten Dritten gesucht wird. Aufgrund der engen zeitlichen Frist sei das gerade noch zu schnell für die neu gegründete Stiftung, heißt es. Lediglich bei Einzelfällen mit einer besonders gut organisierten Hausgemeinschaft würde das Sinn ergeben.
Warum sollte aber beispielsweise eine Genossenschaft ein Haus bauen oder kaufen auf einem Grundstück, das der Stadtbodenstiftung gehört? Gerade wenn immer wieder von Genossenschaften Kritik an Erbbaurechtsverträgen zu hören ist. Andre Sacharow sagt: »Die Skepsis liegt auch an den Verträgen der Stadt, die als handwerklich schlecht gemacht kritisiert werden.« Letztlich hätte das Modell der Erbbaurechtsverträge den Vorteil einer zusätzlichen Finanzierung. Denn Genossenschaften wären dadurch nicht mit den hohen Grundstückspreisen konfrontiert.
Ein erstes konkretes Projekt eines gemeinsamen Kaufs zusammen mit einer Genossenschaft gibt es auch schon. So verhandelt die Stadtbodenstiftung aktuell mit den Eigentümern eines Mehrfamilienhauses, die dieses in »guten Händen« wissen und deshalb unter dem Höchstpreis verkaufen wollen.
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