Ein Mistkäfer biegt falsch ab
Julia Nüsch lässt einen kleinen Käfer die Träume der Anderen durcheinanderbringen
Die Tiere sind schockiert! Die Nachricht über einen Mistkäfer, der sich in anderer Leute Träume einschleicht, macht die Runde. Doch das ist nicht alles: Der kleine Käfer schiebt einen riesigen Haufen Mist direkt durch die Traumwege der anderen und rollt die Träume einfach auf. Da stolpert Frau Giraffe schon einmal über ihr Seidentuch und dem schnorchelnden Schaf bleibt nur noch ein leerer See. Eine Lösung muss her! Die Tiere versammeln sich, um den kleinen Käfer zur Rede zu stellen. Ob sie ihre Träume wieder bekommen und der einsame Mistkäfer doch noch zu Freunden kommt? Eine lustige und sensible Geschichte über Freundschaft, Vorurteile und das Träumen. Sie ist zugleich der Auftakt der ersten neuen Reihe »Wovon träumst Du?« unter der Leitung von Anna Kindermann. Humorvoll illustriert die Autorin ihren Text und baut bereits Brücken zu den geplanten Folgebänden, in denen sich die Tiere erneut in traumhafte Abenteuer stürzen.
Julia Nüsch, 1979 in Hamburg geboren, hat von 2002 bis 2009 Illustration an der HAW Hamburg studiert und parallel als Grafikdesignerin und Illustratorin für eine Hamburger Agentur gearbeitet. Seit 2009 arbeitet sie freiberuflich für Agenturen, Verlage und Zeitschriften. Julia Nüsch lebt in Hamburg. Mit »Der fleißige Mistkäfer und die Träume der Anderen« feierte sie 2021 ihr Debüt als Autorin.
In einem winzigen Land, genau in der Mitte eines Rosenkohlfeldes, lebte ein kleiner Mistkäfer namens Johann Wolfgang. Seine tägliche Aufgabe war es, sich um das große Geschäft der anderen Tiere zu kümmern.
Wenn er auf seinem Feld einen frischen Haufen Dung roch, am liebsten noch warm, stürzte sich der kleine Käfer voller Freude darauf. Er rollte alles mit Erde, Staub und Gräsern zusammen und formte eine schöne, feste Kugel daraus.
Leider hatte Johann Wolfgang keine Freunde. Das lag vermutlich an seinem etwas anrüchigen Beruf. Die anderen Tiere zeigten spöttisch auf ihn und riefen: »Puh, du stinkst, du hast doch nur Mist im Kopf«, oder: »So einen Köttel-Schubser können wir hier nicht gebrauchen!«
Diese Worte machten den Mistkäfer traurig.
Warum sahen die anderen nicht, wie wichtig seine Arbeit war?
Eines schönen Dienstags hatte er besonders viel zu tun.
»So viele Haufen und alles feinste Qualität«, freute er sich. Eifrig begann Johann Wolfgang sein Werk: zerren, formen, schieben, mit Vorder- und Hinterbeinchen, vorwärts und rückwärts, über Stock und Stein. Als es Abend wurde, war der fleißige Käfer sehr müde und gähnte: »Jetzt kann ich ausruhen.« Er machte es sich auf seiner Lieblingskugel gemütlich, schloss die Augen und schon war er auf dem Weg ins Traumland. Die Traumreise führte den kleinen Mistkäfer über einen funkelnden, gewundenen Pfad. Nachts, wenn es besonders dunkel ist, kann man ihn sogar am Himmel sehen. Er liegt inmitten der Milchstraße, genau zwischen den Sternen. Von dort aus zweigen unzählige Wege zu allen Träumen der ganzen Welt ab - sie führen nach rechts und links, oben und unten, kreuz und quer - und irgendwo in diesem Wirrwarr führte auch eine Straße zu Johann Wolfgangs Traum.
Neugierig flitzte der kleine Mistkäfer seinen Traumpfad entlang. Er wurde immer schneller, viel zu schnell, bis schließlich etwas schief ging. Der kleine Mistkäfer bog falsch ab und auf einmal war er ganz woanders.
Was hat ein Mistkäfer eigentlich mit der Milchstraße zu tun?
Mistkäfer werden auch Pillendreher genannt, weil sie den Dung, von dem sie sich und ihre Nachkommen ernähren, zu einer nahezu perfekten Kugel rollen, die an eine Pille erinnert. Um ihre Mistkugel vor potentiellen Kot-Dieben zu schützen, müssen die Käfer ihre »Pille« so schnell wie möglich vom Misthaufen fort rollen. Das geht am schnellsten in einer geraden Linie. Um nicht kreuz und quer zu krabbeln, orientiert sich das kleine Tier am Sternenhimmel - an der Milchstraße! Der Mistkäfer nutzt also das leuchtende Band der Milchstraße, um sich nicht zu verirren und seine Dungkugel in Sicherheit zu bringen.*
* Das fand 2013 ein Forscher*innen-Team aus Schweden und Südafrika heraus.
Warum ist die Tätigkeit des Mistkäfers so wichtig?
Mistkäfer sind sehr nützliche und mit einer wichtigen Aufgabe betraute Insekten. Zusammen mit anderen Tieren wie Ameisen, Regenwürmern oder Maulwürfen helfen sie der Natur, die Qualität des Erdbodens durch Auflockern und Umgraben zu verbessern - außerdem unterstützen sie damit das Ansiedeln und Wachstum von Pflanzen. Mit dem Verteilen des Kots über eine größere Fläche, düngen die Mistkäfer die Erde und reichern diese mit notwendigen Nährstoffen an.
Mistkäfer können fliegen?
Ja! Sie sind aber ziemlich pummelig, ungeschickt und schwerfällig - das lässt sich besonders gut während der Landung beobachten, bei der sie sich einfach auf den Boden plumpsen lassen.
Julia Nüsch
Der fleißige Mistkäfer und die Träume der Anderen
Kindermann Verlag
40 S., Pappband, 18,00 €
Für Kinder ab 3 Jahren
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!