• Politik
  • Annegret Kramp-Karrenbauer

Abschrecken. Drohen. Krieg.

In einer Grundsatzrede fordert die Verteidigungsministerin das Ende der Scham

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.

»Verteidigung, das heißt: Abschrecken mit der Androhung militärischer Gewalt, um so Raum für politische Lösungen zu schaffen. Aber notfalls heißt es auch Anwendung militärischer Gewalt - kämpfen«, so Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer in ihrer Grundsatzrede vor Offizier*innen des Generalstabs in Hamburg. Die Offizier*innen gehören zur Führungsriege in der Bundeswehr und müssen in den kommenden Jahren den aktuellen Kurs der Verteidigungspolitik umsetzen.

Was als Motivationsrede gedacht war, enthielt auch einigen Tadel. Die Ministerin verurteilte am Freitag den kürzlich öffentlich gewordenen rassistischen und rechtsradikalen Vorfall in Litauen, bei dem auch wieder Unregelmäßigkeiten im Umgang mit Munition untersucht werden. Die Ministerin gab sich als Frau der klaren Worte. Es sei ein Gebot des Anstands gegenüber Soldat*innen, »dass wir sie nicht verleugnen, indem wir schamvoll ihre eigentliche Aufgabe verschleiern«.

Wem diese starken Worte - abgesehen von der Profilschärfung der CDU-Politikerin im Wahlkampf - galten, führte Kramp-Karrenbauer deutlich aus: Der Feind komme aus dem Osten. Nicht nur die Annexion der Krim, sondern auch der Krieg in der Ostukraine rechtfertige die Ausrichtung. Die Ministerin kritisierte die Aufrüstung durch Russland, sah jedoch in der Ausdehnung der Nato in Richtung Osten keine verschärfenden Faktoren. Sie betonte vielmehr die »nukleare Abschreckung«, die ein Kernstück der Sicherheitsgarantien der Nato sei. Zur Nuklearen Teilhabe der Bundesrepublik sagte Kramp-Karrenbauer: »Ich habe mich sehr klar in dieser Frage positioniert. Deutschland muss unbedingt weiter teilhaben, und es muss zügig die Systeme in der Nachfolge des Tornado beschaffen, die das möglich machen.«

Für die Ambitionen der Ministerin reicht ihr eigener Rekordetat, der im Jahr 2022 erstmals mehr als 50 Milliarden Euro betragen wird, längst nicht mehr aus. Das neue Luftkampfsystem FCAS (Future Combat Air System) will die Ministerin durch zusätzliche Mittel aus dem Haushaltsausschuss mitfinanzieren. So sollen Verteidigungs- und Haushaltsausschuss in dieser Woche zusätzliche 4,5 Milliarden Euro billigen. »Das FCAS ist als komplettes System mit Kampfflugzeugen, Drohnenschwärmen und Satelliten ein völlig überdimensioniertes Hochrüstungsprojekt«, so der verteidigungspolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Tobias Pflüger. Er forderte die Parteien und Fraktionen der Regierungskoalition auf, dieses Rüstungsprojekt nicht zu genehmigen.

Auch innerhalb der SPD wird die Aufrüstung kritisch gesehen. »Mit Sorge sehen wir daher die geschichtsvergessene und überhebliche Politik der Stärke durch Nato-Osterweiterung, Luftübungen mit strategischen US-Bombern und Nato-Manövern bis an die Grenze zu Russland, verbales Säbelrasseln und Aufrüstung«, heißt es in einem Schreiben des Forums Demokratische Linke in der SPD (DL 21), das an alle Mitglieder der SPD-Fraktion im Haushaltsausschuss des Bundestages anlässlich des 80. Jahrestags des Überfalls auf die Sowjetunion gesendet wurde.

In einem vorbereiteten Protestbrief führt die DL 21 aus, dass das FCAS nicht als defensives Projekt angelegt sei. Vielmehr handele es sich um ein Waffensystem, das auf die offensive Kriegführung gegen hoch entwickelte Militärsysteme ausgelegt sei. Der Protestbrief soll an SPD-Politiker*innen im Bundestag gesendet werden. Die Neubeschaffung atomwaffenfähiger Kampfflugzeuge und von Kampfdrohnen ist nach Ansicht der DL21 mit einer sozialdemokratischen Friedenspolitik nicht vereinbar.

Die Ministerin sieht bei der Aufrüstung der Armee auch ein Wirtschaftspotenzial. »Am besten wäre es, wenn diese Technologien aus Deutschland kämen, weil sie hier entwickelt und erfunden wurden«, so Kramp-Karrenbauer. Deutschland müsse den rasanten technologischen Wandel in der Welt »aktiv mitgestalten«. Dass deutsche Waffenexporte weltweit zu Krisen- und Konfliktentwicklungen beitragen, erwähnte die Ministerin dabei nicht.

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