Einsame Wölfe sind schwer zu fassen

Innenminister sieht Gefahr weiter vor allem von rechts - Geheimdienst lässt bei der AfD nicht locker

  • Wilfried Neiße, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Verfassungsschutz schenkt dem »Verdachtsfall« Brandenburger AfD nichts, und erst recht nicht ihrem Landtagsfraktionschef Hans-Christoph Berndt. »Er ist ein Rechtsextremist«, sagte Geheimdienstchef Jörg Müller, als er am Mittwoch den Verfassungsschutzbericht 2020 vorstellte. In diesem Bericht wird Berndt auch namentlich aufgeführt.

Müller zufolge sind alle Gründe vorhanden, die AfD weiter als Verdachtsfall zu behandeln. Dazu gehöre das »stoische Festhalten« an dem »Neo-Nationalsozialisten« Andreas Kalbitz. Der ist auch nach seinem Parteiausschluss weiter Mitglied der AfD-Fraktion im Landtag. Wie das funktioniert, erklärte Müller so: Wenn - beispielsweise - der Abgeordnete Kalbitz sich im Parlament äußert, dann nehme der Verfassungsschutz das nicht zur Kenntnis. Denn die freie Ausübung des Mandats müsse gewährleistet bleiben. Wenn sich Kalbitz aber auf einer Veranstaltung der AfD in Mecklenburg-Vorpommern äußere, dann »nehmen wir das sehr wohl zur Kenntnis«.

Etwa 40 Prozent der Mitglieder der märkischen AfD, das sind rund 680 Personen, stehen nach Einschätzung des Verfassungsschutzes dem offiziell aufgelösten rechtsextremen »Flügel« der Partei nahe. Hinzu kommen 50 Mitglieder der Jugendorganisation »Junge Alternative«. Ausdrücklich unterstrich Müller, dass »nicht alle« 1700 AfD-Mitglieder in Brandenburg als rechtsextrem einzustufen seien.

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Innenminister Michael Stübgen (CDU) wies bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts darauf hin, dass extremistische oder antisemitische Gewalt- und Einzeltäter als »einsame Wölfe« vor ihren Taten oft kaum in Erscheinung treten und daher »wenig Spuren« hinterlassen. Das mache die Prävention auf diesem Gebiet schwierig. Man werde deshalb nicht jedes Verbrechen verhindern können. Bezogen auf die in wenigen Tagen im Bundesrat zu behandelnde Novelle des Verfassungsschutzgesetzes des Bundes bedauerte Stübgen, dass Brandenburg sich bei der Abstimmung enthalten werde, weil in der Koalition mit SPD und Grünen keine Einigung darüber erzielt worden war, dass künftig auch Daten von Einzelpersonen gespeichert werden sollen und nicht nur die von Gruppen. Stübgen ergänzte, die Behörden hätten den rechtsextremen Attentäter des Anschlags im Oktober 2019 unter den gegenwärtig geltenden Regelungen erst nach seinem Angriff auf eine Synagoge beobachten dürfen. Im Wesentlichen sei man sich in der politischen Sphäre einig, dass Hass und Gewalt entschlossen bekämpft werden müssten, sagte Stübgen. Wenn es dann aber konkret werde, dann »haben dieselben Leute nur noch Bedenken«, ärgerte er sich.

»Der Rechtsextremismus war, ist und bleibt unsere Herausforderung«, sagte Stübgen weiter. Deutschlandweit werde man eher mit Straftaten von Linken konfrontiert, doch sei die Bilanz in Brandenburg »entgegengesetzt«. Der Rechtsextremismus habe hier ein wachsendes Personenpotenzial. »Durch gezielte Entgrenzung versuchen bestimmte Kräfte, den Rechtsextremismus in der Mitte der Gesellschaft zu verzahnen«, erläuterte der Minister. Um 30 auf 410 Personen sei das Potenzial außerhalb von rechten Parteistrukturen gewachsen.

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Für die Linke bleibt der Rechtsextremismus »der Hauptgegner der Demokratie in Deutschland, besonders aber auch in Brandenburg«. Erst am Wochenende nutzten Akteure der Identitären Bewegung, »die zum Teil auch Mitglieder der AfD sind«, Räume des Landtags für eine Veranstaltung, erklärte die Abgeordnete Andrea Johlige (Linke). »Eine derartige Hofierung des organisierten Rechtsextremismus durch die AfD ist unerträglich und für uns nicht akzeptabel.«

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