- Kommentare
- Pflege
Aufbruch aus der Entrechtung
Lisa Ecke über das Bundesarbeitsgerichtsurteil zur 24-Stunden-Pflege
Der Mindestlohn gilt in Deutschland auch dann für Pflegekräfte, wenn sie im Bereitschaftsdienst sind. Und sowieso für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit, nicht nur für die vertraglich festgehaltene. Selbstverständlich ist das bisher keinesfalls gewesen, vor allem nicht für die Hunderttausende meist aus Osteuropa kommenden Pflege- und Betreuungskräfte, die sich in deutschen Haushalten um Pflegebedürftige kümmern. Erst jetzt hat das Bundesarbeitsgericht ein Grundsatzurteil über diese Mindestlohnpflicht gefällt. Geklagt hatte eine Pflege- und Betreuungskraft aus Bulgarien, die bei einer alten Frau in Deutschland gewohnt hat, um sie rund um die Uhr zu pflegen. Bezahlt wurden ihr aber nur sechs Stunden. Damit ist jetzt durch das längst überfällige Urteil Schluss.
Die extrem deregulierten Arbeitsverhältnisse bedeuten für die Pflegekräfte, in der Regel Frauen, eine extreme Belastung. Nicht nur, dass sie keinen Rückzugsraum haben, sich durch die ständige Bereitschaftspflicht nicht erholen können und sozial komplett isoliert werden. Vielmehr erhalten sie noch nicht einmal den Mindestlohn. Das Urteil vom Bundesarbeitsgericht kann deshalb nur ein erster Schritt sein, um die Arbeitsbedingungen der betroffenen Pflegerinnen grundlegend neu zu gestalten.
Lesen Sie auch: Der permanente Pflegenotstand. Wie die Krise des Kapitalismus und die staatlichen Corona-Maßnahmen zusammenhängen - eine marxistische und feministische Kritik
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.