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Neuer Stuck
Im ruinierten Schloss Dammsmühle regt sich neues Leben
Die Zufahrtsstraße ist eine Katastrophe, Park und Wege sind zugewuchert. Aber immerhin: Turm und Portal von Schloss Dammsmühle tragen, hinter Baugerüsten, frischen Putz und Stuck. Und eine Satellitenschüssel. Auch ein paar Fenster sind wieder verglast. Im Baucontainer, an dem zwei Pkw mit fremdländischen Kennzeichen parken, brennt Licht. Es herrscht himmlische Ruhe.
Nur mit viel Willenskraft kann man sich vorstellen, wo an diesem verwunschenen Ort schon demnächst wieder nett gekleidete Gäste bewirtet werden könnten. Viel zu oft schon wurde in den vergangenen 25 Jahren die vermeintlich bevorstehende Rettung des mitten im Wald bei Schönwalde (Barnim) am idyllischen Mühlteich vor sich hin dämmernden Schlosses verkündet. Am Ende blieb neben heißer Luft nur fortschreitender Verfall. Auch die Übernahme durch die Eigentümergesellschaft um den Berliner Gastronom Roland Mary ist schon seit 2019 bekannt. Im September 2020 hat Mary in einer Bürgerversammlung in Schönwalde seine Pläne präsentiert. Er will die gesamte Anlage wiedererwecken, mit dem originalgetreu sanierten Schloss als Clou. Zwei Restaurants, einige Gästezimmer, Bar, Bibliothek und sogar Kino. Im Herbst 2021 soll Tag der offenen Tür sein.
Schönwaldes Ortsvorsteherin Gabriele Bohnebuck (Linke) ist durchaus optimistisch. »Herr Mary hat in der Bürgerversammlung angekündigt, dass er zu Weihnachten ein Restaurant eröffnen kann«, sagt sie dem »nd«. »Vorstellen kann ich mir das schon, aber da muss jetzt natürlich noch einiges geschehen. In den Außenanlagen zum Beispiel. Und vor allem auch der Weg zum Schloss muss ja wenigstens so gestaltet werden, dass die Gäste trockenen Fußes dort hingelangen können.«
Als es im Zuge der Wende nach 1989 öffentlich zugänglich wurde, hatte es der letzte Hausherr, das DDR-Ministerium für Staatssicherheit (MfS), zwar instinktlos umgebaut, aber intakt zurückgelassen. Seither haben sich verschiedene Glücksritter, vor allem aber Vandalen des einstmals verschwiegenen Lustschlosses angenommen. Zurückgelassen haben sie eine ausgeplünderte, zwischenzeitlich notdürftig gesicherte Ruine, wenn auch mit beträchtlichem Restcharme. Den einst vielgerühmten Park des Anwesens haben Banausen vermüllt, den Rest erledigte die Natur.
Berührungsängste mit der Historie von Dammsmühle haben die Investoren offenbar nicht. Der Kaufmannsspross Adolf Friedrich Wollank (1866-1915) hatte das desolate Palais 1894 erworben und zu einem Ort der Lustbarkeiten für die besseren Kreise Berlins umgestaltet. Seine wechselnden Nachfolger hielten daran fest, als letzter der Unternehmer Harry Goodwin Hart, ein Brite. Die Nazis vertrieben 1938 Hart, verheiratet mit einer jüdischen Frau, aus Deutschland und enteigneten ihn 1940 faktisch. Schloss und Anwesen riss sich SS-Chef Heinrich Himmler unter den Nagel. Das Unrecht an Hart wurde erst 1997 durch Rückübertragung an seine Erben gesühnt. Nach Kriegsende diente Dammsmühle 1945 der Roten Armee als Lazarett, später als Erholungsheim und Offizierskasino. In der DDR hatten ab 1951 abwechselnd SED, Regierung und auch die Gemeinde Hausrecht, war es Bildungsstätte und Herberge. Zwischen 1959 bis 1989 entschied das MfS, wer Zutritt erhielt. Neben einer Dolmetscherschule fand das Schloss als Schulungs- und Erholungsobjekt Verwendung - und als diskrete Party-Herberge. Nach 1990 war es kurzzeitig Hotel.
Die neuen Eigentümer orientieren sich am »künstlerisch bedeutenden Überlieferungsstand« von 1884 bis 1915. Damals hatte Wollank das Schloss im neobarocken Stil ausbauen und auf 28 Hektar einen Park mit Springbrunnen, Rosengarten und Weinberg, Toranlagen, zwei steinerne Parkbrücken sowie - als der Dekadenz - einen Pavillon in Form des indischen Taj Mahal anlegen lassen.
Laut Mary, der am Berliner Gendarmenmarkt das Restaurant »Borchardt« betreibt, sollen in den kommenden fünf Jahren 40 Millionen Euro in Sanierung und Entwicklung des Schloss-Areals investiert werden. Dort könnten bis zu 250 Arbeitsplätze entstehen. Denn außer dem Schloss soll auch die denkmalgeschützte Parkanlage wiedererstehen. Auf dem Gelände des ehemaligen Küchengartens soll eine Freizeit- und Erholungsanlage mit Spa-Bereich gebaut werden, ein Dreiseithof mit Gastronomie, Hofladen, Hotel und Cottages auf der ehemaligen Fallobstwiese. Geplant sind 280 Betten im Vier-Sterne-Plus-Bereich. Fußläufig oder per Shuttle erreichbare Parkplätze entstehen außerhalb der Anlage.
Oliver Borchert (parteilos), der Bürgermeister der Gemeinde Wandlitz, zu der Schönwalde gehört, sieht das Vorhaben als große Chance. »Das Projekt von Herrn Mary finde ich ausgesprochen spannend und richtig toll und wünsche dem Investor den notwendigen langen Atem, den er noch braucht, bis der gesamte Bebauungsplan- und Genehmigungsprozess abgeschlossen ist«, sagte er dem »nd«. »Wenn in der bisherigen Qualität weitergearbeitet wird, werden wir in ein paar Jahren in Schönwalde ein touristisches Highlight mit einer Strahlkraft weit über die Gemeindegrenzen hinaus haben.«
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