- Politik
- 35-Stunden-Woche und IG Metall
Auf zu gleichen Arbeitsbedingungen
IG Metall und Arbeitgeber einigen sich nach über 30 Jahren auf Ost-West-Angleichung im Tarif
An dessen Ende steht seit Freitagabend die lang erwartete und aus Sicht der Gewerkschafterin längst überfällige tarifliche Vereinbarung zur Angleichung der Arbeitsbedingungen im Osten. »Wir haben jetzt nach einer langen und harten Auseinandersetzung einen tariflichen Rahmen geschaffen, so dass Betriebe mit freiwilligen Betriebsvereinbarungen Stufenpläne zur 35-Stunden-Woche verhandeln können«, erläutert die Verhandlungsführerin der IG Metall weiter.
Konkret heißt es, dass zunächst eine Verhandlungsverpflichtung unterzeichnet wurde, die sicherstellt, dass über die offene regionale Forderung nach einem Tariflichen Angleichungsgeld verhandelt wird. Birgit Dietze zeigt sich erleichtert über die Bereitschaft zur »Verantwortungsübernahme seitens der Arbeitgeber«.
Schon im Mai hatten Volkswagen Sachsen, SAS Autosystemtechnik in Meerane und ZF in Brandenburg an der Havel Stufenpläne zur 35-Stunden-Woche abgeschlossen. Betriebsvereinbarungen in vielen weiteren Betrieben würden folgen, so die Bezirksleiterin. Einige stünden bereits »in den Startlöchern«, um zu verhandeln. Auch die IG Metall muss den betrieblichen Lösungen jeweils zustimmen. Man werde sich »im Januar 2023 zusammensetzen, um die Lage zu evaluieren und daraus Schlüsse für die Tariflandschaft abzuleiten«, so Dietze.
Mit der tariflichen Vereinbarung wird eine Öffnungsklausel für den Mantel-Tarifvertrag geschaffen. Damit können Belegschaften innerhalb des neuen tariflichen Rahmens mit der Geschäftsführung eine Betriebsvereinbarung verhandeln, die den Weg zur 35-Stunden-Woche ab 1. Januar 2022 frei macht. Dabei kann zunächst um eine Stunde abgesenkt oder aber auch der ganze Weg zur 35-Stunden-Woche festgelegt werden.
Auch die damit verbundene Kostenkompensation können die Betriebe selbst regeln. Sie muss zeitlich und der Höhe nach befristet sein. Es können ausgewählte tarifliche Bausteine, übertarifliche Leistungen, Produktivitäts- und Effizienzmaßnahmen oder übertarifliche Leistungen in Ansatz gebracht werden. »Maßgeblich ist jedoch, dass am Ende des Prozesses immer eine echte Angleichung – also eine Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich – steht«, sagt Birgit Dietze.
Es sei »ein echter Durchbruch gelungen, mit dem die jahrelange Auseinandersetzung um die Angleichung der Arbeitsbedingungen befriedet wird«, sagt auch Stefan Moschko, der Verhandlungsführer des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg. »Die Betriebe erhalten die Möglichkeit, im Rahmen des Flächentarifvertrages auf ihren Bedarf hin zugeschnittene Arbeitszeitregelungen zu vereinbaren, die für die Arbeitgeber und die Beschäftigten Planungssicherheit bei der Arbeitszeit schaffen«, so Moschko zum Ergebnis der Tarifauseinandersetzungen. Damit werde gleichzeitig ein wichtiger Beitrag zur Stärkung des Flächentarifvertrags geschaffen, schätzt der Unternehmervertreter.
Die Tarifvereinbarung tritt am 1. Juli kommenden Jahres in Kraft und kann mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende, erstmals am 31. Januar 2024, gekündigt werden.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.