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Laschet bindet Rechte ein
CDU-Spitze lehnt Ausschlussverfahren gegen Hans-Georg Maaßen ab. Das passt zur Strategie des Parteichefs
Die Sitzung der CDU-Spitze am Montag war eine Krisentagung. Parteichef Armin Laschet war nach Teilnehmerangaben empört. Anlass hierfür waren Äußerungen des Thüringer Bundestagskandidaten Hans-Georg Maaßen bei TV Berlin zu möglichen Gesinnungstests bei Journalisten der Tagesschau. Ohne den früheren Geheimdienstchef beim Namen zu nennen, sagte der Kanzlerkandidat nach Informationen der dpa aus Teilnehmerkreisen: »Solche Debatten schaden uns.« Zugleich warnte Laschet, dass sich die Umfragen wieder ändern könnten. Derzeit haben die Konservativen einen komfortablen Vorsprung vor den Grünen. Zugleich betonte Laschet nach Teilnehmerangaben, es werde keine Kooperation und keine Verhandlungen der Union mit der AfD nach der Bundestagswahl im September geben. Der CDU-Chef wurde mit den Worten zitiert: »Wir sind da ganz klar. Ich erwarte von jedem Direktkandidaten, dass er sich daran hält.« Maaßen steht der AfD inhaltlich nahe und hatte Kontakt zu ihren Spitzenleuten.
Nach der Sitzung tat CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak vor den Journalisten allerdings so, als gebe es kein großes Problem. »Pressefreiheit hat Verfassungsrang. Das ist essenziell für das Funktionieren der Demokratie«, sagte Ziemiak. Er erklärte, dass Maaßen zurückgerudert sei und keine Gesinnungskontrolle mehr wolle. Maaßen hatte nach heftiger Kritik, die vor allem von Politikern aus den Reihen von SPD, Linken und Grünen geäußert wurde, im Kurznachrichtendienst Twitter geschrieben: »Unabhängiger Journalismus und ein politisch unabhängiger öffentlich-rechtlicher Rundfunk sind für die Demokratie unverzichtbar.« Ein Parteiausschlussverfahren gegen Maaßen sei kein Thema im Bundesvorstand gewesen, so Ziemiak.
Allerdings wird diese Forderung von einigen CDU-Politikern erhoben. »Ich würde meiner Partei raten, ein Parteiausschlussverfahren gegen Herrn Maaßen anzustrengen, auch jetzt im Wahlkampf - vielleicht gerade jetzt, denn er wird immer wieder neu provozieren«, sagte der langjährige Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz am Montag im Inforadio vom rbb. Maaßen habe der Partei wiederholt geschadet. Zuvor hatte der niedersächsische CDU-Landeschef Bernd Althusmann Maaßen einen Parteiaustritt nahegelegt.
Viele Spitzenleute der CDU teilten diese Haltung nicht. »Die Äußerungen waren alles andere als klug. Aber jeder ist ja seines Glückes Schmied«, sagte der stellvertretende Parteichef Volker Bouffier, der zugleich Ministerpräsident in Hessen ist, am Montag bei seinem Eintreffen zu den letzten regulären Beratungen der CDU-Spitze mit Armin Laschet vor der Sommerpause. »Aber wir sollten das nicht überbewerten«, fügte er hinzu.
Thomas Strobl, ebenfalls ein Stellvertreter von Laschet und Innenminister in Baden-Württemberg, sagte auf die Frage, ob der CDU-Vorsitzende zu Maaßen Stellung beziehen solle: »Ich finde, dazu muss sich der Bundesvorsitzende nicht äußern. Es gibt viele Äußerungen, und nicht alles muss man kommentieren.«
Das Präsidiumsmitglied Karl-Josef Laumann vom Arbeitnehmerflügel der Partei sagte, Maaßen stehe »ganz, ganz weit rechts von der CDU«. »Aber bislang war alles, was er gemacht hat, sicherlich so, dass es noch so eben im CDU-Spektrum passt.« Maaßen sei Kandidat in einem thüringischen Wahlkreis. »Ich glaube nicht, dass es bei ihm Äußerungen gibt, die ein Parteiausschlussverfahren rechtfertigen«, sagte der nordrhein-westfälische Arbeitsminister.
Maaßen hatte sich in Thüringen wohl auch deswegen als Kandidat für den Bundestag durchgesetzt, weil viele CDU-Leute vor Ort davon ausgehen, dass sie mit ihm die AfD kleinhalten können. Der Streit um seine Person wird nun dazu führen, dass Maaßen der Liebling von allen bleibt, denen die CDU unter Kanzlerin Angela Merkel zu liberal geworden ist. Andererseits ist es aber auch möglich, dass der frühere Präsident des Verfassungsschutzes mit seinen Äußerungen bürgerliche Wähler der Union verschreckt und ihr somit Schaden zufügt.
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In der Partei hat Maaßen noch einige prominente Fürsprecher. Zur Aufstellung von Maaßen als Direktkandidat in Südthüringen hatte der frühere Unionsfraktionschef Friedrich Merz Ende Mai gesagt, das sei »die späte Projektion einer Entwicklung, die seit 20 Jahren zu beobachten ist« und eine Reaktion der Basis auf die personelle Besetzung der Regierung und der Partei. »In der CDU wird heute nicht mehr das ganze Spektrum der Union abgebildet«, hatte Merz in der »Welt am Sonntag« kritisiert. Zugleich lobte er den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet, der zum Beispiel immer Wert darauf gelegt habe, in seiner Landesregierung die Strömungen der CDU mit unterschiedlichen Personen zu integrieren und zu repräsentieren. Im Bund und in der Partei gebe es diesbezüglich aber Leerstellen, so Merz.
Diese Integrationspolitik von Laschet führt nun dazu, dass er nicht hart gegen weit rechts stehende Leute wie Maaßen durchgreift und dessen Kompagnons sogar einbindet. Friedrich Merz kann sich nach der Wahl im September Hoffnungen machen, einen wichtigen Posten in der Bundesregierung zu erhalten. Er ist Mitglied im Wahlkampfteam des CDU-Kanzlerkandidaten, ohne ein Amt in der Partei zu bekleiden.
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