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- Parkreinigung
Kampf gegen Kippen, Kot und Korken
Wirtschaftssenatorin feiert die teilweise Übernahme der Parkreinigung durch die BSR als Erfolgsgeschichte
Der Anlass ist ein – leicht verspätetes – Jubiläum. Nach jahrelangen Dauerbeschwerden über die Vermüllung der hauptstädtischen Grün- und Erholungsflächen und das Versagen der zuständigen Bezirke startete der damalige rot-schwarze Senat im Frühjahr vor fünf Jahren das Pilotprojekt Parkreinigung. Die Reinigung von vorerst zwölf Parks wurde den Bezirken abgenommen, sie war nun Aufgabe der BSR. Aus dem »dreckigen Dutzend« sind inzwischen 79 Parks und Grünanlagen sowie mehre Schwerpunktbereiche in 17 Forstrevieren geworden.
Zur großen Zufriedenheit der Berlinerinnen und Berliner, wie BSR-Chefin Otto und Senatorin Pop bei dem Rundgang nicht müde werden zu betonen. Pop, zugleich Aufsichtsratsvorsitzende des landeseigenen Unternehmens, spricht dann auch von »einer echten Erfolgsgeschichte«. Zumal – Eigenlob im Wahlkampf schadet nie – Anfang dieses Jahres aus den Pilotprojekten eine rechtlich verstetigte »Regelaufgabe« wurde, für die in den aktuellen Entwurf für den Doppelhaushalt 2022/2023 über 13 Millionen Euro eingestellt wurden. »Wir haben die Mittel hier noch einmal deutlich aufgestockt«, sagt Pop. Auch habe die BSR-Parkreinigung für Arbeitsplätze gesorgt: Seit dem Projektstart 2016 sind allein hierfür rund 280 neue Stellen in dem Unternehmen geschaffen worden.
Von den ob der Erfolgsmeldungen begeisterten Parkbesucherinnen und -besuchern ist an diesem Mittwochmorgen im Park am Weinbergsweg gleichwohl nur wenig zu sehen. Es regnet in Strömen, und das durchgehend seit vielen Stunden. Damit fällt auch der mit dem Termin verbundene Vorführeffekt – das Einsammeln von Unmengen an Vorabend- und Nachtmüll durch die BSR-Reinigungskolonne von Thomas Jarske – buchstäblich ins Wasser. Es gab zuvor kein relevantes Parkpublikum, folglich gibt es nun auch keinen Müll in herzeigefähigen Massen.
Unbestreitbar ist freilich, dass ebenjene Massen nach durchzechten Parknächten die Regel sind. »An manchen Abenden sieht man hier die Wiese nicht mehr vor Leuten«, sagt Tino Heuser, der als Regionalstellenleiter der BSR auch für den Park in Mitte zuständig ist. 3,3 Kubikmeter Abfall und Kehricht fallen allein am Weinbergsweg jeden Tag an. Aber das sei eben nur die aufs Jahr gerechnete Durchschnittsmenge. An vielen Tagen sei es drei- bis viermal so viel, so Heuser zu »nd«.
Dabei ist die nicht zuletzt im Zuge der Corona-Pandemie sprunghaft angestiegene Einwegverpackungs-Müllmenge nur ein Problem. Weitaus aufwendiger ist das Einsammeln von Kronkorken und Zigarettenkippen. Auch das hat zugenommen, seitdem die Parks verstärkt als Partyflächen dienen. Wirtschaftssenatorin Pop, die sich selbst kurz an der Frickelarbeit versucht, ärgert sich über das ungebremste Korken- und Kippenaufkommen. »Da gibt es gar kein Bewusstsein dafür, dass das den Park ja auch dauerhaft schädigt«, sagt Pop zu »nd«.
Auch BSR-Chefin Stephanie Otto betont, dass es dem landeseigenen Unternehmen neben der Erbringung der reinen Dienstleistung auch und vor allem darum gehe, das Bewusstsein der Parknutzerinnen und -nutzer zu schärfen. Für größeren Müll ebenso wie für die aufgerauchte Zigarette. »Man nimmt das mit, was man mitgebracht hat.« Das könne doch nicht so schwer sein, sagt Otto.
Was weder Pop noch Otto erwähnen: Letztlich dürften auch die im Zusammenhang mit den Corona-Maßnahmen massenhaft durchgeführten nächtlichen Räumungen der Parks durch die Polizei ihren Teil beitragen zu den Bildern von zugemüllten Wiesen am frühen Morgen. Schließlich denken wohl die meisten Besucherinnen und Besucher, die von den Beamten herauskomplimentiert werden, in einer solchen Situation nicht als Allererstes daran, ihren Partymüll fachgerecht zu entsorgen.
Den zuletzt laut gewordenen Forderungen nach einem Einzäunen und nächtlichen Zusperren von Parks erteilt Grünen-Politikerin Pop dennoch eine klare Absage: »Wir wollen nichts einzäunen.« Auch BSR-Mann Thomas Jarske winkt ab: »Muss man denn alles reglementieren?« In Sachen Freizeitgestaltung sehe es aktuell nun mal vor allem für Heranwachsende mau aus. »Da treffen sie sich halt hier. Das kann man doch verstehen. Vielleicht reicht es beim Müll schon, das Gehirn einzuschalten.«
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